Generic filters
FS Logoi

Corona im Kanal? Keine Panik, aber Vorsicht!

Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 beschäftigt gerade alle. Auch Abwassernetzbetreiber und Dienstleister machen sich Sorgen. Sie fragen sich berechtigterweise, ob infizierte Menschen das Virus ausscheiden und ob es sich dann im Abwasser wiederfindet. Kann man sich am Abwasser anstecken? Wie können das eigene Personal und deren Angehörige bestmöglich geschützt werden?

von | 28.02.20

Dipl.-Ing. Marco Schlüter (stehend) rät dem Personal im Kanalbetrieb zu besonderer Sorgfalt und Vorsicht

Dass sich Krankheitserreger über die menschlichen Ausscheidungen und über das Abwasser verbreiten, ist altbekannt. Deshalb gibt es ja schließlich die Kanalisation. Als prominente Beispiele seien Hepatitisviren, Noroviren und Salmonellen genannt. Es besteht also grundsätzlich kein Grund zur Panik. Darin sind sich die Vertreter von Abwassernetzbetreibern, die jetzt im IKT an einer Sitzung des Arbeitskreises „Kanalbetrieb“ des Kommunalen Netzwerks Abwasser (KomNetABWASSER) teilnahmen, einig.
Kommunen beraten ad hoc im KomNetABWASSER
Das Kommunale Netzwerk wurde von Abwasserbetrieben gefragt, inwieweit man die Mitarbeiter im Kanal- und Kläranlagenbetrieb noch bedenkenlos für Reinigungsarbeiten in unterirdischen Becken, im Kanalnetz und auf Kläranlagen einsetzen kann. Dipl.-Ing. Marco Schlüter, Leiter des KomNetABWASSER, setzte das Thema unmittelbar auf TOP 1 der Arbeitskreissitzung und fasste anschließend die Diskussion der 30 Kanalbetriebsmanager zusammen: „Der Bundesgesundheitsminister hat für Deutschland den Ausbruch der Epidemie festgestellt. In dieser Situation ist es für die öffentliche Gesundheit besonders wichtig, dass die Kanalisation weiterhin zuverlässig funktioniert. Voraussetzung, um dies zu gewährleisten, ist gesundes Betriebspersonal. Einig waren sich die Abwasser­betriebe, dass drei Punkte in der aktuellen Situation zu beachten sind: Erstens besondere Sorgfalt beim Arbeitsschutz, zweitens sollten unnötige Risiken aktuell vermieden werden und drittens sind natürlich die üblichen Hygiene-Empfehlungen konsequent zu beachten.“
Risiken analysieren
Das Robert Koch-Institut (RKI), das in Deutschland für die Risikobewertung von Infektionskrankheiten zuständig ist, geht zwar aktuell weiter davon aus, dass die Gefahr für die deutsche Bevölkerung gering bis mäßig ist. Doch Kanalarbeiter sind einem potenziell infektiösen Medium ausgesetzt, wissen die anwesenden Fachleute. Ihr Risiko ist somit wahrscheinlich höher als das der Durchschnittsbevölkerung. Und sie kehren nach Feierabend zu ihren Familien zurück, treffen sich mit Freunden, plaudern mit Kollegen auf dem Flur. Und die wiederum…
Anlagen müssen laufen!
Allerdings können nicht einfach alle Mitarbeiter mit Kanalkontakt auf unbestimmte Zeit nach Hause geschickt werden. Prof. Dr.-Ing. Bert Bosseler, Wissenschaftlicher Leiter des IKT, gibt zu bedenken, dass die Abwasserbetriebe in der Verantwortung sind, die Infrastrukturleistung der Abwasserbeseitigung sicherzustellen. Es gehe zwar um die Gesundheit der Mitarbeiter und deren Angehörigen, aber eben auch um den Schutz der Bevölkerung. „Die Anlagen müssen laufen, sonst bekommen wir noch ganz andere hygienische Probleme“, sagt Bosseler.
Schutzausrüstung 100 % nach Lehrbuch
Einhelliger Tenor der Anwesenden: Keine Panik! Wichtig sei es, die Mitarbeiter zu sensibilisieren und dazu anzuhalten auf ihr eigenes Verhalten zu achten, das Wissen um Arbeitsschutz aufzufrischen, nicht unmittelbar notwendige Arbeiten auszusetzen und – ganz wichtig – die Schutzmaßnahmen 100 % nach Lehrbuch durchzuführen.
„Das heißt: Immer die vorgeschriebene Schutzkleidung tragen, nie im Arbeitsbereich essen, trinken oder rauchen, häufiges Händewaschen und Desinfizieren, die einschlägigen Regeln wie TRBA 220 und DGUV 103-003 genau beachten“, zählt Marcel Goerke, M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Experte für Arbeitssicherheit im IKT, die angeratenen Maßnahmen und Verhaltensregeln auf.
Kanalreinigung einstellen?
Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) äußerte sich auf Anfrage: Für Arbeiten, bei denen Aerosole entstehen, könne die Gefährdungsbeurteilung der konkreten Tätigkeit ergeben, dass man die Arbeit besser verschiebt, wenn sie nicht zwingend nötig ist. Das würde bedeuten, die Kanalreinigung zunächst einzustellen. Darin sahen die anwesenden Vertreter der Abwasserbetriebe für eine gewisse Zeit kein größeres Problem. Aber die Pumpen- und Bauwerksreinigung könne nicht ausgesetzt werden, hieß es von Seiten der Netzbetreiber. Und hier könne es zu Kontakt mit kontaminiertem Abwasser kommen. Umso wichtiger sei es, sich ganz konsequent an die Vorschriften zum Arbeitsschutz zu halten.
Offen blieb die Frage, was passiert, wenn sich die Schutzmaßnahmen aufgrund von Lieferengpässen nicht mehr durchführen lassen. Schließlich kommen die meisten Produkte aus China, und niemand weiß, wie sich die Versorgungslage mit wichtigen Produkten in den nächsten Wochen entwickelt. Schutzanzüge der Schutzklasse 3 seien noch zu bekommen, hieß es aus den Reihen der teilnehmenden Kommunen, aber bei Atemmasken der Klasse FFP3 müsse man schon jetzt mit längeren Lieferzeiten rechnen.
Drei Grundsätze
Auf drei wichtige Grundsätze konnten sich die Teilnehmer verständigen:

  • Sorgfalt beim Arbeitsschutz!
  • Unnötige Risiken vermeiden!
  • Übliche Hygiene-Empfehlungen konsequent beachten!

Ansonsten: Keine Panik! Aber Vorsicht.
Ansprechpartner Dipl.-Ing. Marco Schlüter, Tel. +49 209 17806-31, schlueter@ikt.de

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Informier' dich doch!

Jetzt den monatlichen 3R-info-Newsletter abonnieren!

DVGW begeht 30-jähriges Jubiläum in Bonn
DVGW begeht 30-jähriges Jubiläum in Bonn

Anlässlich des 30. Jubiläums empfing der technisch-wissenschaftliche Verein DVGW Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Wirtschaftsförderin Victoria Appelbe sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Institutionen und Ministerien am 16. Juli auf dem Bonner Hardtberg. Die Stadt soll laut DVGW-Vorsitzendem Gerald Linke auch in Zukunft „als Sitz des DVGW erste Wahl bleiben“.

mehr lesen
Wärmewende: Interessen-Allianz tritt für genügend Haushaltsmittel 2025/2026 ein
Wärmewende: Interessen-Allianz tritt für genügend Haushaltsmittel 2025/2026 ein

Ein Zusammenschluss aus 20 Stakeholdern richtet einen schriftlichen Appell an die Abgeordneten des Bundestags: In den Haushalten 2025 und 2026 sollen „ausreichend Mittel für Wärmenetze und damit für die sichere und bezahlbare Wärmewende zur Verfügung“ gestellt werden, so der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU), der am 11. Juli Inhalte des Appells veröffentlicht hat:

mehr lesen
Christina Papkalla übernimmt Verantwortung in Meisterfortbildung
Christina Papkalla übernimmt Verantwortung in Meisterfortbildung

Beim Rohrleitungsbauverband (RBV) wird künftig Christina Papkalla die Verantwortung für die Meisterfortbildung übernehmen. Laut Verband wird Papkalla, die als erfahrene Expertin gilt, „in den kommenden zwei Jahren sukzessiv die Nachfolge von Kurt Rhode“ antreten, der dieses Aufgabenfeld über 30 Jahre lang geprägt hat.

mehr lesen
Sichere Wasserversorgung für Köln: Spatenstich für neue Transportleitung in Rodenkirchen
Sichere Wasserversorgung für Köln: Spatenstich für neue Transportleitung in Rodenkirchen

Um die Trinkwasserversorgung in Köln langfristig zu sichern, hat die RheinNetz im Auftrag der RheinEnergie mit dem Bau einer neuen Wassertransportleitung im Stadtteil Rodenkirchen begonnen. Die rund 8 km lange Leitung wird künftig die Brunnengalerie im Weißer Bogen mit dem Wasserwerk in Hochkirchen verbinden. Sie wird eine rund 60 Jahre alte Leitung ersetzen, die das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht hat.

mehr lesen

Publikationen zum Thema

Die Unterschiede der GFK-Schlauchliner – vom Freispiegelkanal zur Trinkwasserleitung

Die Unterschiede der GFK-Schlauchliner – vom Freispiegelkanal zur Trinkwasserleitung

Autor: Von Dr. Nils Füchtjohann
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Bereits über Jahrzehnte sind GFK-Schlauchliner im Abwasserbereich etabliert. Seit wenigen Jahren halten sie auch zunehmend Einzug in den Trinkwasserbereich. Hygienisch, nachhaltig und projektsicher – für die grabenlose Sanierung von ...

Zum Produkt

Kanalquerschnitts- und Profilvermessung in der Praxis

Kanalquerschnitts- und Profilvermessung in der Praxis

Autor: Von Erik Büttner und Ulrich Jöckel
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Nachdem mit 3D-Kameraequipments auch Querschnitte von Abwasserleitungen vermessen werden sollen, wird sich dieser Fachbericht dem Thema widmen. Vielen sind diverse Fachberichte zu Laserscann, photographischen und manuellen Messmethoden bekannt. Ein ...

Zum Produkt

Rheda-Wiedenbrück: Havarie-Konzept für wichtige Abwasserdruckleitung – Anschlussteil selbst entwickelt

Rheda-Wiedenbrück: Havarie-Konzept für wichtige Abwasserdruckleitung – Anschlussteil selbst entwickelt

Autor: Von Henning Winter und Ludger Wördemann
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Fast jede Kommune hat sie: Abwasserdruckleitungen. Und fast jede Kommune hat sie in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt. Doch so langsam kommen viele Druckleitungen in die Flegeljahre. Die KomNetABWASSER-Teilnehmerstadt ...

Zum Produkt