Die Bundesregierung hat mit der Energiewende ehrgeizige Ziele formuliert: Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022, außerdem sollen bis 2020 mindestens 35 % des Stroms aus Erneuerbaren Energien gewonnen werden. Deshalb werden sogenannte Stromautobahnen benötigt, um die Energie über Höchstspannungsleitungen von den Windparks im Norden in den Süden Deutschlands zu transportieren. Zum Teil sollen diese Trassen unterirdisch verlegt werden, vor allem, wenn auf einigen Pilotstrecken Siedlungen in der Nähe von 380 kV Wechselspannungstrassen liegen. Die erste Leitung dieser Art verlegt die Amprion GmbH derzeit im westfälischen Raesfeld, als Teilabschnitt der geplanten Leitung Meppen-Wesel, einer Hauptachse für den Stromtransport von Nord nach Süd. Die Amprion als Betreiber der Leitung betritt mit dem erdverlegten Höchstspannungskabel Neuland – und auch die Bauausführung ist eine Aufgabe für Spezialisten: Gefragt ist eine zügige, sichere und bodenschonende Bauweise, bei der zudem die Bedürfnisse der Anwohner und betroffenen Landwirte zu berücksichtigen sind. Denn gerade bei einem sensiblen Thema wie dem Stromtransport über landwirtschaftlich genutzte Privatflächen, ist nach äußerste Transparenz und die Einbindung aller Beteiligten geboten. Die Betroffenen wollen zu Recht über den Bauverlauf, die angewandten Verfahren, die nächsten Schritte und die sich daraus ergebenden Konsequenzen informiert sein – schließlich ist es ihr Grund und Boden, über den die Trasse verläuft.
Offene Kontrollfelder für erdverlegte Kabelleerrohre in Flüssigboden
Aber auch baulich erfordert der erdverlegte Trassenbau umfassendes Know-How. „Eine der größten Herausforderungen beim Transport von Strom unter der Erde ist die Temperaturentwicklung“, sagt Jürgen Höchst, zuständiger Produktingenieur der Köster GmbH. „Ohne entsprechende Maßnahmen kann sich die Leitung erwärmen, was Einfluss auf die Bodenverhältnisse hätte und die Übertragungsleistung senken würde.“ Auflage der Amprion GmbH war deshalb, dass bei dem Pilotprojekt in Raesfeld ein spezieller Flüssigboden eingesetzt wird, eine Mischung aus ca. 95 % vorhandenem Boden und ca. 5 % verbessernden Zusatzstoffen. Dieser Flüssigboden umhüllt die Kabelschutzrohre und hat nach dem Verfestigen eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit: Die Temperatur des Kabels wird so gleichmäßig in alle Richtungen abgegeben. Um den Flüssigboden optimal einzusetzen, leisteten die Tiefbauer echte Ingenieurarbeit. Die Herausforderung: Der Flüssigboden kann seine volle Wirkung nur entfalten, wenn er die Schutzrohre rundum gleichmäßig umgibt. Dazu muss allerdings verhindert werden, dass die leeren Rohre auf dem flüssigen Medium aufschwimmen und somit nur teilweise Kontakt mit ihm haben. Diese Herausforderung lösten die Tiefbauer der Köster GmbH mit einem Sondervorschlag, der den Auftraggeber überzeugte: eine eigens entwickelte Auftriebssicherung aus Betonfertigteilen. Das Prinzip dieser zum Patent angemeldeten Ingenieurleistung: Die maßgenauen Blöcke werden alle drei Meter auf dem Plan verlaufenden Boden des Grabens gesetzt. Sie sorgen zum einen dafür, dass die Rohre beim Verfüllen nicht aufschwimmen und rundum mit Flüssigboden umgeben werden, zum anderen gewährleisten sie die exakte Lage der Kabelleerrohre – auf den Zentimeter genau. Das Besondere: Entfernt man die Auftriebssicherungen, wird der Blick auf die Kabelleerrohre freigeben – ein wichtiger Aspekt, um die korrekte Lage der Rohre noch einmal zu überprüfen. Diese Möglichkeit ist bei herkömmlichen Verfahren nicht gegeben. „Diese Genauigkeit ist allerdings entscheidend, wenn später die schweren Kabel durch die Rohre gezogen werden – jede Abweichung kann eine höhere Zugkraft an den Kabeln bedeuten“, erläutert Jürgen Höchst. Die offenen Kontrollfelder werden anschließend ebenfalls mit Flüssigboden verfüllt. Auf dem abgebundenen Flüssigboden werden Abdeckplatten zur Leitungssicherung, Erdseile sowie zusätzliche Kabelschutzrohre für Begleit- und Steuerkabel verlegt. Über eine weitere Bodenschicht wird eine Lage Schutzgeflecht und Trassenwarnband verlegt, bevor die abschließenden Bodenschichten wieder eingebaut werden.
Blick auf die Kabelschutzrohre in RaesfeldFoto: Köster GmbH
AMPRION GmbH, Dortmund, Erstellung einer 1,1 km langen erdverlegten Höchstspannungsleitung (380 kV) in offener Bauweise in Raesfeld (bei Borken)

Tiefbau-Spezialisten leisten Ingenieurarbeit für die Energiewende
Kategorie: Industrie & Wirtschaft
Thema: Leitungsbau
Autor: Redaktion
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