Generic filters
Exact matches only
FS Logoi

Erste Analyse bestätigt Machbarkeit des mitteleuropäischen Wasserstoffkorridors

Eine Vormachbarkeitsstudie zeigt, dass es technisch möglich ist, bis 2030 120 GWh Wasserstoff pro Tag (bzw. 1,3 Mio. t pro Jahr) durch Mitteleuropa zu transportieren – im Wesentlichen unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur. Was ist der “Mitteleuropäische Wasserstoffkorridor”? Im September 2021 haben sich vier führende mitteleuropäische Gasinfrastrukturunternehmen zusammengeschlossen, um eine „Wasserstoffautobahn“ durch Mitteleuropa zu realisieren. […]

von | 15.11.22

Eine Vormachbarkeitsstudie zeigt, dass es technisch möglich ist, bis 2030 120 GWh Wasserstoff pro Tag (bzw. 1,3 Mio. t pro Jahr) durch Mitteleuropa zu transportieren – im Wesentlichen unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur.

Was ist der “Mitteleuropäische Wasserstoffkorridor”?

Im September 2021 haben sich vier führende mitteleuropäische Gasinfrastrukturunternehmen zusammengeschlossen, um eine „Wasserstoffautobahn“ durch Mitteleuropa zu realisieren. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Initiative mit der Bezeichnung „Mitteleuropäischer Wasserstoffkorridor“ (Central European Hydrogen Corridor – CEHC) steht der Transport von Wasserstoff aus zukünftig vielversprechenden, wichtigen Aufkommensregionen in der Ukraine, die hervorragende Bedingungen für eine großtechnische, umweltfreundliche Wasserstoffproduktion bieten, über die Slowakei und Tschechien zu großen Nachfragezentren in Deutschland und der EU. Der Wasserstoffkorridor soll darüber hinaus den Transport von Wasserstoff zwischen Produktionsstandorten und Verbrauchern in Tschechien und der Slowakei ermöglichen. Zu den beteiligten Unternehmen gehören die Fernleitungsnetzbetreiber EUSTREAM (Slowakei), GTSOU (Ukraine), NET4GAS (Tschechien) und OGE. Diese Unternehmen beteiligen sich darüber hinaus aktiv an der europäischen Wasserstoff-Backbone-Initiative.

Ergebnisse der Vormachbarkeitstudie sind sehr positiv

Nach einem Jahr Forschung haben die Projektträger die Vormachbarkeitsstudie abgeschlossen. „Die Ergebnisse der Vormachbarkeitsstudie sind sehr positiv. Die Studie zeigt deutlich, dass es technisch möglich ist, bis 2030 täglich 120 GWh Wasserstoff durch Mitteleuropa zu transportieren. Allerdings gibt es noch viele Unwägbarkeiten, so z.B. die Frage, welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine auf das Projekt haben wird”, sagt Andreas Rau, Geschäftsführer von NET4GAS.

Der REPowerEU-Plan definiert ein Ziel von 10 Mio. t inländischer Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien und ein neues Ziel von 10 Mio. t importiertem erneuerbarem Wasserstoff bis 2030. Mit dem CEHC-Projekt könnten bis 2030 bis zu 1,3 Mio. t erneuerbarer Wasserstoff in die EU gebracht werden, das entspricht 13 % des neuen Ziels für Importe von erneuerbarem Wasserstoff.

* Investitionskosten für den Teil des CEHC von der ukrainisch-slowakischen Grenze bis zu den großen Wasserstoffbedarfsgebieten in Süddeutschland (ohne Restwert der umgewidmeten Anlagen)

Neben der technischen Machbarkeit haben die Projektträger auch die potenziellen Kosten für die Umwidmung bestimmter Erdgasleitungen für den Wasserstofftransport in Verbindung mit gezielten Investitionen in neue Wasserstoffinfrastruktur untersucht.
Rastislav Ňukovič, der Generaldirektor von EUSTREAM, erklärt: „Die erste Analyse bestätigt, dass die wichtigsten Erdgasleitungen für den Transport von reinem Wasserstoff umgewidmet werden können. Das senkt die Kosten des Gesamtprojekts erheblich.“ Der 1.225 km lange Abschnitt des mitteleuropäischen Wasserstoffkorridors von der ukrainisch-slowakischen Grenze bis zu den großen Bedarfszentren in Süddeutschland erfordert eine Gesamtinvestition von ca. 1 bis 1,5 Mrd. Euro. Diese relativ geringe Kostenschätzung umfasst die notwendige Modernisierung von Leitungen, Grenzübergangsstellen und einzelnen Verdichtereinheiten und liegt deutlich unter Kosten für den Bau einer neuen Wasserstoffinfrastruktur. Die Investitionskosten für den ukrainischen Teil des Korridors hängen von der genauen Lage der H2-Produktionsstandorte in der Ukraine ab. Die voraussichtlichen Gestehungskosten für den Wasserstofftransport werden insgesamt auf 0,10 bis 0,15 EUR/kg pro 1.000 km geschätzt, was im unteren Bereich der von der European Hydrogen Backbone Initiative geschätzten Kosten von 0,11 bis 0,21 EUR/kg pro 1.000 km liegt.

Der derzeitige Plan sieht die Realisierung des Projekts bis 2030 vor, wobei die Arbeiten bereits 2024 beginnen sollen. Das Projekt bedarf jedoch eines angemessenen Rechts- und Regulierungsrahmens sowie der Schaffung der erforderlichen Investitionsbedingungen, da die beteiligten Unternehmen vollständig regulierte und entflochtene Fernleitungsnetzbetreiber sind. Die Projektträger erörtern derzeit das Projekt mit der Politik und haben den CEHC für den Zehnjahresnetzentwicklungsplan der EU nominiert. Sie erwägen darüber hinaus, den Status eines „Projekts von gemeinsamem europäischem Interesse“ (PCI) zu beantragen, um EU-Mittel zu erhalten. „Der mitteleuropäische Wasserstoffkorridor ist wichtig, da er die Möglichkeit bietet, bereits bis 2030 erhebliche Mengen an Wasserstoff in die industriellen Bedarfszentren in Deutschland und Mitteleuropa zu liefern”, erklärt Dr. Jörg Bergmann, Geschäftsführer der OGE, und fügt hinzu: „Zusammen mit dem H2ercules-Projekt wird dies den Aufbau eines Wasserstoffmarktes im Herzen Europas beschleunigen.“

Der Krieg in der Ukraine hat das Engagement der Projektträger nicht geschmälert. „Wir sind nach wie vor von der Bedeutung des mitteleuropäischen Wasserstoffkorridors überzeugt. Die EU hat die Ziele für die Erzeugung von Biomethan und Wasserstoff im neuen REPowerEU-Plan deutlich erhöht, um von russischen fossilen Energieträgern unabhängig zu werden, und hat die Ukraine als einen der wichtigsten Partner bei der Entwicklung der Wasserstoffenergie ausgemacht. Dieser Korridor wird zur Umstellung auf erneuerbare Gase und zur Energiesicherheit in Europa beitragen“, so Pawel Stanczak, amtierender Generaldirektor des ukrainischen Gasnetzbetreibers.

Für eine erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens müssen entsprechenden Voraussetzungen gegeben sein. Dies ist Thema der anstehenden Gespräche zwischen den Projektträgern OGE, NET4GAS, EUSTREAM, Gas TSO of Ukraine und der Politik.

Weitere Informationen erhalten auf der Projektwebseite www.cehc.eu.

Jetzt Newsletter abonnieren

Brennstoff für Ihr Wissen, jede Woche in Ihrem Postfach.

Hier anmelden

Neue Studie: Starke Wärmenetze für eine sichere Versorgung
Neue Studie: Starke Wärmenetze für eine sichere Versorgung

Fernwärme soll bis 2045 rund ein Drittel aller Wohnungen in Deutschland klimaneutral beheizen können – vor allem in Städten und Ballungsräumen. Um die Wärmenetze an diesen Bedarf anzupassen, braucht es eine Verdopplung der Investitionen auf rund 5 Mrd. Euro im Jahr. Eine Studie von Agora Energiewende zeigt, wie der zügige Aus- und Umbau der Netze und eine sozialverträgliche Preisgestaltung für Haushalte gelingen können.

mehr lesen
Wasserstofftransformation in Nordhessen und Südniedersachsen: Netzbetreiber kooperieren
Wasserstofftransformation in Nordhessen und Südniedersachsen: Netzbetreiber kooperieren

Um die Transformation von Erdgas hin zu Wasserstoff weiter voranzutreiben, haben sich sechs Netzbetreiber zu einer starken Partnerschaft für Nordhessen und Südniedersachsen entschlossen: die beiden überregionalen Transportnetzbetreiber terranets bw GmbH und Thyssengas GmbH, deren Pipelines Bestandteil des deutschen Wasserstoff-Kernnetzes sein werden, und die regionalen Netzbetreiber Städtische Werke Netz + Service GmbH und EAM GmbH & Co. KG aus Kassel, Energie Waldeck-Frankenberg GmbH, Stadtwerke Göttingen AG, über deren Netze Industrie, Gewerbe und Haushalte mit Energie versorgt werden.

mehr lesen
Spatenstich in München: Baustart für die größte Geothermieanlage in Kontinentaleuropa
Spatenstich in München: Baustart für die größte Geothermieanlage in Kontinentaleuropa

Sechs Geothermieanlagen betreiben die Stadtwerke München (SWM) bereits in und um München, sie sind damit Deutschlands größter Geothermiebetreiber. Die siebte errichten sie nun auf dem Gelände des Michaelibads, eines öffentlichen Bades im Münchner Südosten. Nach Fertigstellung im Jahr 2033 soll sie Wärme für rund 75.000 Münchner liefern. Mit dem Spatenstich am 30. September begannen die Bauarbeiten für dieses bedeutende Klimaschutzprojekt.

mehr lesen

Publikationen zum Thema

Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht: Wasserstoffintegrität belegt

Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht: Wasserstoffintegrität belegt

Autor: Von Andreas Redmann
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Als Energieträger der Zukunft soll grüner Wasserstoff zur Dekarbonisierung von Gebäuden, Verkehr und Industrie beitragen. Um dieses Potenzial gerade für den Gebäudesektor produktiv zu machen, gilt es aktuell die in Gasverteilnetzen eingesetzten ...

Zum Produkt

Wasserstoff aus Verteilnetzsicht – Beimischung oder 100 %?

Wasserstoff aus Verteilnetzsicht – Beimischung oder 100 %?

Autor: Von Jörg Heinen, Stefan Stollenwerk und Martin Wiggering
Themenbereich: Gas & Erdgas

Anhand öffentlich zugänglicher Daten und relevanter technischer Parameter wird der aktuelle Stand der Wasserstoffintegration in öffentliche Gasnetze auf deutscher und europäischer Ebene untersucht. Die Ergebnisse werden diskutiert und um ...

Zum Produkt

H2-Gasbeimischung: Wie „ready“ sind Kunststoffrohrleitungssysteme?

H2-Gasbeimischung: Wie „ready“ sind Kunststoffrohrleitungssysteme?

Autor: Von Ronald Aßmann, Stefan Griesheimer, Janko König und Stefan Schütz
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Die Energiewende ist in vollem Umfang in der Umsetzungsphase: Bis zum Jahr 2050 soll Energie in Deutschland vorwiegend aus regenerativen Quellen stammen. Dabei ist die CO2-Reduktion im Wärmeenergiemarkt immer stärker im Fokus; hier soll zunehmend ...

Zum Produkt