Generic filters
FS Logoi

Neues Messsystem für Erdgas – schnell und genau

Die Qualität von Erdgas unterliegt starken Schwankungen. Nicht nur unterschiedliche Erdgasvorkommen sind dafür verantwortlich, sondern zunehmend auch die Einspeisung von Wasserstoff aus Power-to-Gas-Anlagen. Zur Brenngasanalyse hat Fraunhofer IPM zusammen mit der RMA Mess- und Regeltechnik GmbH & Co KG ein Messsystem entwickelt, das neben den enthaltenen Kohlenwasserstoffen nun auch den Wasserstoffanteil im Gas erkennt.

von | 14.12.20

Das Spektrometer für die Infrarot-aktiven Bestandteile des Erdgases und der Wärmeleitfähigkeitssensor zur Wasserstoffmessung sind an einem Erdgas-Bypass des Fraunhofer ISE installiert. Das Messgerät befindet sich in einem explosionsgeschützten Koffergehäuse mit Kühlrippen (im Bild rechts unten). © Holger Kock/Fraunhofer IPM
Das Spektrometer für die Infrarot-aktiven Bestandteile des Erdgases und der Wärmeleitfähigkeitssensor zur Wasserstoffmessung sind an einem Erdgas-Bypass des Fraunhofer ISE installiert. Das Messgerät befindet sich in einem explosionsgeschützten Koffergehäuse mit Kühlrippen (im Bild rechts unten).

Mit der Zusammensetzung des Gases schwankt auch der Brennwert. Für Verbraucher ist die Gaszusammensetzung eine wichtige Größe, denn der Gaspreis wird auf Basis des gelieferten Volumens und des Brennwerts bestimmt. In der Industrie kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Die Gaszusammensetzung beeinflusst den Verbrennungsprozess. Steigt beispielsweise der Anteil von Wasserstoff im Gasgemisch, sinkt der Brennwert. Wird der Gasstrom – z.B. in einem Ofen – dann nicht angepasst, so sinkt dessen Temperatur. Solche Schwankungen können Qualitätsprobleme nach sich ziehen, beispielsweise bei der Glasschmelze. Die Erdgasqualität wird heute in der Regel mithilfe von Gaschromatographen an Verteilerstellen im Gasnetz oder direkt beim Großverbraucher bestimmt.

Infrarot-Spektroskopie statt Gaschromatographie

Das Brenngas-Messsystem EcoSpectro, das Fraunhofer IPM im Auftrag der RMA Mess- und Regeltechnik GmbH & Co KG entwickelt hat, bestimmt die Hauptbestandteile von Erdgas spektroskopisch: Ein Infrarot (IR)-Spektrometer erkennt die prozentualen Anteile von Methan, Ethan, Propan, Butan und längeren Kohlenwasserstoffketten. Gegenüber der Gaschromatographie hat die Spektroskopie einige Vorteile: Gaschromatographen sind teuer, vergleichsweise langsam und aufwändig im Betrieb. Das IR-Spektrometer hingegen misst im Sub-Minuten-Takt, arbeitet über Standzeiten von mehreren Monaten ohne Neukalibrierung und kommt ohne Spülgase aus. Analysiert werden die Spektren mithilfe chemometrischer Verfahren. Auf diese Weise lassen sich Gaskonzentrationen von über 70% bis hinunter in den 100-ppm-Bereich (parts per million) bestimmen.

Wasserstoff-Messung über Wärmeleitfähigkeit

Für den Nachweis regenerativ erzeugter Gase wurde das IR-Spektrometer im Rahmen des Projekts “Gas-Effizienz” mit einer Zusatz-Sensorik zur Bestimmung des Wasserstoffanteils ausgestattet. Da Wasserstoff aufgrund seiner Molekülstruktur nicht absorptionsspektroskopisch mit Infrarotlicht detektiert werden kann, wurde das Spektrometer um einen Wärmeleitfähigkeitssensor ergänzt. Die Wärmeleitfähigkeit von Wasserstoff ist um einen Faktor sieben größer als die Wärmeleitfähigkeit aller anderen Brenngase inklusive Luft, so dass der Sensor sehr empfindlich auf Beimischungen von Wasserstoff reagiert.
Das modular aufgebaute Sensorsystem wurde im Gaslabor des Fraunhofer IPM und anschließend im Feldtest an einem Erdgas-Bypass des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE getestet. Dort führten IR-Spektrometer und Wärmeleitfähigkeitssensor insgesamt ca. 125.000 Messungen durch. Die Ergebnisse stimmten über einen Zeitraum von mehreren Monaten – ohne Wasserstoffeinspeisung – sehr genau mit den vom Erdgaslieferanten zur Verfügung gestellten Brennwert-Tagesmittelwerten überein. Allerdings offenbarten die Messwerte Schwankungen der Gasqualität im Minutenbereich. Verbraucher, bei denen es auf eine gleichbleibende Gasqualität ankommt, könnten das Messsystem somit für eine schnelle Prozessregelung nutzen.
Zu den Zeitpunkten der Wasserstoff-Einspeisung konnte der geänderte H2-Gehalt mit Genauigkeiten im 100-ppm-Bereich bestimmt werden. Das System bietet sich damit insbesondere als schnell reagierendes Messsystem für Power-to-Gas-Anlagen oder Verbraucher hinter einer Wasserstoff-Einspeisungsstelle an. Über das Projekt Das Projekt »Gas-Effizienz – schnelle Messtechnik zur effizienten Nutzung regenerativ erzeugter Gase« wurde durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg und aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) in der Förderperiode 2014 bis 2020 mit dem Leitmotiv “Innovation und Energiewende” gefördert.

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Informier' dich doch!

Jetzt den monatlichen 3R-info-Newsletter abonnieren!

Wirtschaftsministerium plant Einschnitte bei Biomethan
Wirtschaftsministerium plant Einschnitte bei Biomethan

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) hat am Dienstag den Referentenentwurf einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Umsetzung der EU-Vorgaben für den Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt veröffentlicht. Der Entwurf sieht tiefgreifende Änderungen bei den Regelungen zum Netzzugang für Biomethananlagen vor.

mehr lesen
Branchenverbände ermitteln H2-Marktindex 2025
Branchenverbände ermitteln H2-Marktindex 2025

Acht Branchenverbände haben am 3. November die Ergebnisse einer von ihnen in Auftrag gegebenen Online-Erhebung zur Ermittlung des H2-Marktindex 2025 veröffentlicht. Die Befragung richtete sich an Stakeholder der Wasserstoffwirtschaft.

mehr lesen
Save the Date: 38. Lindauer Seminar 2026
Save the Date: 38. Lindauer Seminar 2026

Am 12. und 13. März 2026 ist es wieder so weit: Die JT-Elektronik GmbH lädt zum 38. Lindauer Seminar nach Lindau am Bodensee ein. Die Veranstaltung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als einer der wichtigsten Branchentreffpunkte für Siedlungsentwässerung und Kanalmanagement etabliert.

mehr lesen
Europäischer Gerichtshof: „Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz keine Beihilfe“
Europäischer Gerichtshof: „Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz keine Beihilfe“

Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gilt als zentraler Baustein der sicheren und klimafreundlichen Strom- und Wärmeversorgung in Deutschland. Die aktuelle rechtliche Bewertung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) stärkt die Position der Branche erheblich. Damit wächst die Hoffnung auf eine zügige und beihilfefreie Novellierung des KWK-Gesetzes.

mehr lesen
Steag Iqony Group schließt Übernahme von Uniper Wärme ab
Steag Iqony Group schließt Übernahme von Uniper Wärme ab

Die Steag Iqony Group hat die Übernahme der Uniper Wärme GmbH eigenen Angaben vom 3. November zufolge erfolgreich abgeschlossen. Rund drei Monate nach Unterzeichnung des Kaufvertrags („Signing“) sollen nun alle notwendigen Genehmigungen und vertraglichen Voraussetzungen erfüllt sein.

mehr lesen

Publikationen zum Thema

Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht: Wasserstoffintegrität belegt

Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht: Wasserstoffintegrität belegt

Autor: Von Andreas Redmann
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Als Energieträger der Zukunft soll grüner Wasserstoff zur Dekarbonisierung von Gebäuden, Verkehr und Industrie beitragen. Um dieses Potenzial gerade für den Gebäudesektor produktiv zu machen, gilt es aktuell die in Gasverteilnetzen eingesetzten ...

Zum Produkt

Wasserstoff aus Verteilnetzsicht – Beimischung oder 100 %?

Wasserstoff aus Verteilnetzsicht – Beimischung oder 100 %?

Autor: Von Jörg Heinen, Stefan Stollenwerk und Martin Wiggering
Themenbereich: Gas & Erdgas

Anhand öffentlich zugänglicher Daten und relevanter technischer Parameter wird der aktuelle Stand der Wasserstoffintegration in öffentliche Gasnetze auf deutscher und europäischer Ebene untersucht. Die Ergebnisse werden diskutiert und um ...

Zum Produkt

Polyamid 12 für den Betrieb von Gasrohrleitungen bis 16/18 bar

Polyamid 12 für den Betrieb von Gasrohrleitungen bis 16/18 bar

Autor: Von Hermann van Laak, Jan Heimink, Andreas Frank, Mario Messiha, Thomas Kratochvilla und Christoph Bruckner
Themenbereich: Rohrleitungstechnik

Dieser Fachbericht präsentiert Polyamid 12 (PA-U12) für Hochdruckrohrleitungen als eine einfach zu installierende Alternative zu Stahl. Sie weist das hervorragende Eigenschaftsprofil von PA-U12-Rohren für alternative Verlegetechniken nach, und dass ...

Zum Produkt