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Sanierung von historischem Kanal in Esslingen am Neckar

Im baden-württembergischen Esslingen am Neckar wird derzeit der denkmalgeschützte Abschnitt des Geiselbachkanals unterhalb des Marktplatzes saniert. Die Bauarbeiten finden im Rahmen der geplanten Neugestaltung des Marktplatzes zum 1250. Geburtstag der Stadt im Jahr 2027 statt. Bis Ende 2025 sollen sie abgeschlossen sein – ein Balanceakt für alle Beteiligten, den Erhalt des historischen Kanals zu gewährleisten und gleichzeitig die heutigen Anforderungen an einen Mischwassersammler zu erfüllen.

von | 27.06.25

Der historische Geiselbachkanal in Esslingen am Neckar verfügt über stark variierende Hauben-Sonderprofile
Foto: Güteschutz Kanalbau
Sanierung

Balanceakt: Denkmalschutz und moderne Sanierungstechnik

Die erste Befestigung und Überwölbung des natürlichen Bauchlaufes des Geiselbachkanal mit Sandsteinen begannen bereits im 12. Jahrhundert. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Verdolung des Kanals weiter vorangetrieben. Einige Bereiche unterhalb des Marktplatzes gehen auf das 14. und 15. Jahrhundert zurück, während kleinere Teilstücke oder Reparaturstellen auch aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Bis heute ist er ein wichtiger Mischwassersammler für Esslingen.

„Die Überdeckung des Kanals ist im Bereich des Marktplatzes gering. Ziel der Sanierung ist es daher, den Kanalabschnitt von innen nachhaltig so zu stabilisieren, dass die für 2026 geplante Oberflächenerneuerung des Platzes ausgeführt werden kann“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Daniel Weiss, Tiefbauamt Stadt Esslingen, Abteilungsleiter Kanalisation, die Ausgangssituation.

Dabei sei bei den Planungen stets herausfordernd gewesen, dass der Geiselbachkanal gemäß Denkmalschutzgesetz als Kulturdenkmal geschützt ist, wie Projektleiter Florian Velle, M.Eng., vom Ingenieurbüro ISAS GmbH, Füssen, ergänzt:

„Als Sanierungsverfahren kamen daher nur Verfahren in Betracht, die die historische Struktur erhalten und gleichzeitig die Substanz des Kanals verbessern. Das heißt, die Sandsteine dürfen durch die verwendeten Materialien oder Verfahren in ihrer Substanz nicht angegriffen werden.“

 

Sanierung

Prüfingenieur Dipl.-Ing. Guido Heidbrink (re.) lässt sich die Sanierung des denkmalgeschützten Geiselbachkanals erklären (v.l.n.r.): Dipl.-Ing. (FH) Daniel Weiss, Abteilungsleiter Kanalisation, Stadt Esslingen, Florian Velle, M.Eng., ISAS GmbH, Füssen, und Dipl.-Ing. Volker Schmidt, Geschäftsführer SMG Bautenschutztechnik für Hoch- und Tiefbau GmbH, Lage

 

Stabilisierung: Fugensanierung und Mikroinjektion

Der Geiselbachkanal unter dem Marktplatz ist 158 m lang und besteht aus historischem Natursteinmauerwerk mit stark variierenden Hauben-Sonderprofilen (Breite: 1,70-9,10 m, Höhen 1,85-5,05 m). Auf 85 m Länge wird eine statische Fugensanierung durchgeführt, bei der die Fugen ausgeräumt und denkmalgerecht als Schattenfugen neu verfugt werden. Nach der Verfugung erfolgt eine Mikroinjektion des Mauerwerks, um Hohlräume zu verfüllen und die statische Ertüchtigung zu gewährleisten. Zusätzlich werden auf 31 m die bereits im 19. Jahrhundert mit Beton sanierten Kämpferbereiche maschinell (Nassspritzverfahren) und händisch mit einer neuen mineralischen Beschichtung versehen. Die Sohle mit Auftritten und Trockenwetter-Rinne aus Beton ist bereits neueren Datums. Ziel der Sanierung ist die statische Stabilisierung unter Erhaltung des historischen Charakters der Natursteine.

Trasszementmörtel als beste Lösung

Für die Auswahl der geeigneten Materialien, die zum einen den Naturstein erhalten und zum anderen auch kanalatmosphärentauglich sind, wurden zunächst Musterflächen mit vier normalen Zementmörteln angelegt und anschließend Bohrkerne zur näheren Untersuchung und Prüfung nach Nürnberg zur LGA (Landesgewerbeanstalt Bayern) geschickt. Die Ergebnisse flossen in die produktneutrale Ausschreibung für die Sanierung ein. Im Rahmen der konkreten Materialauswahl wurden im Nachgang auch weitere Produkte, wie zum Beispiel auf Grundlage von Trass (gemahlenes Vulkangestein), durch das LGA untersucht.

„Trasszementmörtel hat weniger Poren als ein normaler Zementmörtel und ist dichter. Zusätzlich härtet er im Vergleich langsamer aus, wodurch weniger Spannungsrisse entstehen. Er ist damit im Gegensatz zu normalem Portlandzement nahezu wasserdicht. Bei dem von uns vorgeschlagenen Produkt handelt es sich um einen Mörtel, der auch als ‚Antik-Mörtel‘ bezeichnet wird und auch die Anforderungen hinsichtlich der Sulfatbeständigkeit XWW3 erfüllt. Er verfügt zudem über einen geringeren Zementanteil als normale, klassische, Zementmörtel“, erklärt Dipl.-Ing. Volker Schmidt, Geschäftsführer des ausführenden Unternehmens SMG Bautenschutztechnik für Hoch- und Tiefbau GmbH, Lage.

Trasszementmörtel eignet sich aufgrund seines geringen Zementanteils und hohen Kalkanteils hervorragend für Sandstein-Natursteinmauerwerk und ist weniger anfällig für Ausblühungen und Salzschäden. Das ebenfalls auf Trassbasis hergestellte Injektionsmaterial kann mit variablem Wasseranteil (20–60 %) in verschiedenen Flüssigkeitsstufen eingestellt werden. Dadurch verteilt es sich mit geringem Druck optimal im Mauerwerk und verfüllt zuverlässig die vorhandenen Hohlräume.

Fachmännische Ausführung im Mittelpunkt

„Bei Regenwetter fließen bis zu zehn Kubikmeter pro Sekunde durch den Geiselbachkanal. Und da der Kanal während der Sanierung in Betrieb bleiben muss, war uns schnell klar, dass wir ein ausführendes Unternehmen benötigen, welches Erfahrung in der Kanalsanierung hat und gleichzeitig die Arbeiten, wie sie mit dem Denkmalamt abgestimmt waren, fachmännisch und fachgerecht ausführen kann“, so Weiss.

Die lockeren Fugenanteile werden zunächst ausgeräumt und anschließend mit dem Trassmörtel von Hand in Form einer Schattenfuge neu verfugt (li.). Die neuen Fugen dienen als Widerlager für die Mikroinjektion. Mit dieser werden Hohlräume im Mauerwerk aufgefüllt und der Geiselbachkanal statisch ertüchtigt (re.).

 

Projektleiter Florian Velle ergänzt, man habe deshalb „in der Ausschreibung für händische Beschichtung, Injektion und Fugensanierung die Eignung auf Grundlage der Gütesicherung Kanalbau RAL-GZ 961 gefordert”. Ein Punkt, den Dipl.-Ing. Guido Heidbrink, Güteschutz Kanalbau, positiv sieht. Der speziell in Kanalsanierungstechniken erfahrene Prüfingenieur ist davon überzeugt, dass erfolgreich durchgeführte Arbeiten an der Kanalinfrastruktur ohne den Faktor Qualität nicht auskommen und letztendlich immer das Ergebnis eines guten Zusammenspiels aller an Planung, Ausschreibung und der Bauausführung Beteiligten sind. Unter diesen Gesichtspunkten passte bei diesem Projekt alles zusammen:

„Im Rahmen von regulären Baustellenprüfungen konnten auf dieser Maßnahme direkt vier Gütezeichen geprüft werden: S42.1 (Maschinelle Beschichtung), S42.2 (Händische Beschichtung), S42.3 (Injektion) sowie S42.4 (Fugensanierung). Das Unternehmen konnte das Einhalten der Eignungsanforderungen RAL-GZ 961 in den vorgenannten Ausführungsbereichen in sämtlichen Bereichen nachweisen.“ Jedoch stellten die Prüfungen der Injektion und der Fugensanierung auch den Güteschutz Kanalbau vor besondere Herausforderungen, wie Heidbrink weiter ausführt: „Wir prüfen auf den Baustellen unter anderem auch, ob zu den verwendeten Materialien die im Regelwerk geforderten Eignungsnachweise existieren. Hierbei steht die Konformität mit den einschlägigen Regelwerken im Vordergrund. In diesen Regelwerken sind jedoch größtenteils die „gängigsten“ Zementmörtel definiert, sodass die Materialeigenschaften von Sonderprodukten mit denen der Zementmörtel vergleichbar sein müssen. Die Tatsache, dass im Vorhinein entsprechende Untersuchungen vom LGA durchgeführt wurden, war auch für den Güteschutz Kanalbau in dieser Sache sehr förderlich!“

Kanalsanierung mit Erinnerungswert

Bis Oktober 2025 sollen die Arbeiten unterhalb des Marktplatzes abgeschlossen sein. Was allen Beteiligten nach Fertigstellung der Sanierung im Gedächtnis bleiben wird, ist die Einmaligkeit des Bauwerkes, wie Schmidt festhält:

„Ich bin seit über 35 Jahren in der Kanalsanierung tätig und wir haben schon viele alte Mauerwerkskanäle aus dem 18. Jahrhundert saniert. Aber so ein altes, geschichtsträchtiges Bauwerk wie der Geiselbachkanal haben wir noch nie saniert. Das ist schon eine Besonderheit.“

Da sind zum Beispiel die von Hand gehauenen Sandsteine, die die Steinmetze mit ihren persönlichen Zeichen gekennzeichnet haben. Oder auch eine alte Brückenkonstruktion, in der noch Holzornamente zu sehen sind. Die Schäden eines Brandes in einer Küferei sind heute noch erkennbar. Die Natursteine sind in diesem Bereich von der Hitze aufgeplatzt. Alle diese kleinen Kennzeichen lassen die Geschichte des historischen Esslingen erahnen. Schmidt bringt es abschließend auf den Punkt:

„Den Kanal haben unsere mittelalterlichen Vorfahren geschaffen. Und obwohl die Baumethoden damals ganz anders waren als heute, ist die Funktion immer noch erhalten. Dieses architektonische Erbe zu bewahren, ist erstrebenswert und etwas ganz Einzigartiges.“

(Quelle und alle Fotos: Güteschutz Kanalbau)

 


 

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