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Studie analysiert Kurswechsel bei CCS-Debatte

Um die Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 zu erreichen, will die Bundesregierung – in Anlehnung an die im August beschlossene Carbon-Management-Strategie – in einigen Bereichen die unterirdische Speicherung von CO2 erlauben. Der Einsatz von Carbon Capture and Storage (CCS) stieß noch in den 2000er Jahren auf massiven Widerstand. In einer Studie beleuchten Forscher des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) und der Universität Wien, was es mit diesem Kurswechsel auf sich hat.

von | 05.09.24

Forscher des RIFS und der Universität Wien beleuchten das Wiederaufflammen der Debatte zur CO2-Speicherung
Foto: pixabay

Diskurs um CCS erlebt „Renaissance“

Vor dem Hintergrund des Klimawandels und einer „zunehmenden Politisierung und der Verabschiedung ambitionierterer Klimaziele“ sieht Tobias Haas (RIFS), Erstautor der Studie, die dringlichste Frage beim Umgang mit vermeidbaren Emissionen – wie landwirtschaftlichem Methan oder CO2 aus der Zementproduktion – und bezeichnet die Diskussion um CCS in diesem Kontext als „Renaissance“.

In den 2000er Jahren wurde das CCS-Projekt in Deutschland bereits vorangetrieben – hauptsächlich von Kohleunternehmen (RWE und Vattenfall als Hauptakteure). Befürworter fanden sich auch im politischen Spektrum.

Dass das Thema hohe gesellschaftliche Relevanz besaß, wurde durch die Proteste der lokalen Bevölkerung deutlich, als RWE ohne vorherige Ankündigung 2009 vor der Küste Schleswig-Holsteins Sprengungen vornahm, um mögliche Speicherstandorte ausfindig zu machen. Die anhaltenden Proteste hatten zur Folge, dass die damalige Landesregierung (CDU) von ihrer CCS-Unterstützung abrückte.

Altes Thema – neue Dynamik

Laut Erstautor Haas standen in den 2000er Jahren – neben den hohen Kosten der CCS-Infrastruktur – die Risiken der CCS im Fokus des politischen Diskurses. Diese wurden hauptsächlich in der Gefahr der „Entweichung von CO2 aus Speicherstätten“ gesehen, was unter anderem gesundheitliche Folgen mit sich bringen würde.

Die neue politische Dynamik der letzten Jahre rund um das Thema Carbon Capture and Storage resultiere im Vergleich zu damals aus vier grundsätzlichen Veränderungen, so die Studien-Autoren:

  1. der jährlichen Zunahme von globalen Treibhausgasemissionen im Zuge der Klimakrise
  2. der mit der Zuspitzung des Klimawandels einhergehenden zunehmenden Politisierung (Klimawissenschaft, Fridays for Future, Extinction Rebellion, Letzte Generation)
  3. die aus 1. und 2. resultierende internationale Klimapolitik
  4. Der im Rahmen der klimapolitischen Konfliktdynamik zentrale Bereich habe sich von einer Dekarbonisierung der Stromversorgung in den 2000er mit dem Klimaschutzgesetz von 2019 auf weitere Branchen ausgeweitet (wie die Zement-, Stahl- oder Chemieindustrie sowie den Mobilitätssektor).

Trotz Schlüsselkonflikt für die Klimapolitik: Dekarbonisierung nicht verschleppen

Beim Umgang mit CCS und schwer vermeidbaren Emissionen der letzten Jahre (laut Studie ein Schlüsselkonflikt) laufe man „Gefahr, die Weichen falsch zu stellen“, warnt Haas.

„Statt einseitig auf neue Technologien zu setzen, sollten wir viel mehr über Suffizienz, also über ein genügsameres Wohlstandsmodell, diskutieren. Wenn wir den Bedarf an klimaschädlicher Produktion reduzieren, können wir unsere Emissionen senken, und entsprechend würde auch die Menge an Restemissionen sinken, die es auszugleichen gilt.“

CCS dürfe sowohl in Deutschland als auch in der Welt nicht als Instrument dienen, die Dekarbonisierung weiter hinauszuzögern.

(Quelle: Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam / Dr. Bianca Schröder)

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