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Energie- und Wasserwirtschaft vor großen Herausforderungen in unsicheren Zeiten

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Autor: Kathrin Mundt

Die Versorgungssicherheit in Deutschland mit Energie in aktuellen Krisenzeiten zu gewährleisten und zeitgleich die notwendigen Maßnahmen mit Blick auf verfügbare Energieträger und ihre Mengen, die Ertüchtigung der Infrastruktur sowie klimaneutrales Handeln in Verantwortung umzusetzen, sind enorme Herausforderungen, mit denen sich die Gasbranche konfrontiert sieht.

„Wie elementar Erdgas für die Energieversorgung in unserem Land gegenwärtig ist, wurde einer breiten Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten schmerzhaft und so deutlich bewusst wie niemals zuvor. Im Kontext rascher politischer Entscheidungen, fehlendes Pipeline-Gas aus Russland zu ersetzen, hat die Energiebranche erfolgreich enorme Anstrengungen unternommen,“ sagte Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) im Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin am Vortag der gat | wat 2022, dem Leitkongress der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft, der am 18. und 19. Oktober 2022 in Berlin stattfand.

„LNG von unseren europäischen Partnern und mit aktuell über 90 % gut gefüllte Gasspeicher helfen den Menschen jetzt und sorgen zusammen mit individuellen Einsparungsanstrengungen dafür, die Wintermonate bewältigen zu können. Klar muss aber auch sein, dass es insbesondere in Krisenzeiten keine Denkverbote und ideologischen Vorbehalte bei der Wahl zusätzlicher Energiequellen geben darf. Technologieoffenheit, wie sie der DVGW schon immer gefordert hat, ist jetzt so notwendig, wie niemals zuvor“, so Linke weiter.

Aufbau einer klimaschonenden Wasserstoffwirtschaft ist ein Gebot ökologischer und ökonomischer Vernunft

Gerade im Wärmemarkt, also beim Beheizen von Wohnraum, steht Erdgas bundesweit mit fast 50 %, das entspricht rund 21 Mio. Wohneinheiten, an der Spitze vor anderen Energieträgern. Dieser Sektor bietet große Chancen zur Dekarbonisierung, indem Wasserstoff und klimaneutrale Gase zum Einsatz kommen. Mit der Entscheidung der Bundesregierung bereits ab 2024 möglichst alle neu eingebauten Wärmeerzeuger auf Basis von mindestens 65 % erneuerbarer Energien zu betreiben, lassen sich Klimaziele im Gebäudesektor wirksam und verbindlich erreichen. Dazu müssen aber alle Technologieoptionen zugelassen werden, etwa Hybridheizungen (Strom und Gas) oder Biogasheizungen sowie bilanzielle Regelungen. Auch ein verbindlicherer Gebietsnetztransformationsplan für den netzseitigen Wasserstoffhochlauf stellt eine Erfüllungsoption dar, denn nicht überall kann sofort ein hoher Wert von 65 % erneuerbarer Energien sprunghaft erreicht werden. Um die vorhandene Infrastruktur, bestehend aus Fernleitungen und Verteilnetzen mit einer Gesamtlänge von über einer 0,5 Mio. km Länge, auch in Zukunft nach Ende einer Ära fossiler Energieträger nutzen zu können und damit die Transformationen kostenminimiert zu gestalten, fordert der DVGW, längst überfällige politische Entscheidungen zu treffen. Als die im Energiewirtschaftsgesetz benannte Institution für Wasserstoffinfrastrukturen mit einer Vielzahl eigener Forschungsinstitute stellt der DVGW das technische Know-how zur Verfügung und ist verantwortlich für das gültige Wasserstoff-Regelwerk.

„Das Grüngasziel muss jetzt von der Ampelregierung klar definiert und gesetzlich geregelt werden. Die jahrelange politische Vernachlässigung von Molekülen, also Gasen, gegenüber Elektronen, also Strom, muss ein Ende haben“, so Linke und führt aus: „Wir wollen, dass der Aufbau einer klimaschonenden Wasserstoffwirtschaft konkret und maximal bescheunigt wird und nicht als Fußnote im Koalitionsvertrag verstaubt.
Schon heute ist es möglich, bis zu 20 % Wasserstoff in die vorhandene und bilanziell zigfach abgeschriebene Gasinfrastruktur einzuspeisen. Unsere Branche braucht jetzt Klarheit, um weiter in die klimaneutrale Nutzung grüner Gase investieren zu können und so die Infrastruktur weiter zu ertüchtigen. Sie zu nutzen ist ein Gebot ökologischer und ökonomischer Vernunft.“

Ohne Weichenstellungen keine sichere Trinkwasserversorgung

Für die deutsche Wasserversorgung ist die Sicherung des heutigen Spitzenniveaus bezüglich Qualität und Menge des Trinkwassers mit größeren Anstrengungen denn je verbunden. In diesem Kontext weist Dr. Wolf Merkel, Vorstand Wasser des DVGW darauf hin, dass insbesondere die mit dem Klimawandel verbundenen Veränderungen in Dargebot und Bedarf große Herausforderungen sind: „Zunehmende Extremereignisse wie Dürrephasen und Starkregen zeigen die Grenzen einer sicheren Versorgung und die Vulnerabilität von Versorgungssystemen auf. Darauf muss die öffentliche Wasserversorgung Antworten finden.“ Diese liegen auch in den Ergebnissen der Klimaforschung. Sie zeigen eine deutschlandweit einheitliche steigende Tendenz bei Temperaturen und Niederschlägen. „Gleichwohl ist die Situation in den einzelnen Regionen jedoch unterschiedlich, in einigen Landesteilen sogar sehr ernst.

Wasserversorger müssen vor Ort ihren eigenen regionalen Anpassungspfad finden“, erklärt Wolf Merkel. Bundeseinheitliche Methoden und Verfahren, z. B. zur Abschätzung des nutzbaren Wasserdargebotes wären hilfreich. Aktuell entwickelt der DVGW in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) eine Plattform für die Bereitstellung relevanter Daten für Versorger, Politik und Behörden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass die Politik Weichenstellungen vornimmt. „Im Sinne des Gemeinwohls brauchen wir auch zukünftig einen klaren gesetzlichen Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung vor allen anderen Nutzungen und eine Flexibilisierung der Entnahmerechte. Nur so kann eine sichere Wasserversorgung für alle Teile der Gesellschaft auch in Zukunft gewährleistet werden.“

Auch hinsichtlich der Trinkwassergüte richtet sich die Versorgung an neuen Anforderungen aus: Im Frühjahr 2023 kommt nach über 20 Jahren eine komplett überarbeitete Fassung der deutschen Trinkwasserverordnung zur Verabschiedung in den Bundesrat, die die Anforderungen der seit 2021 geltenden europäischen Richtlinie umsetzt.

Erstmals wird es verpflichtende Regelungen zur Gefährdungsanalyse und Risikobewertung für das Wasserversorgungssystem bis zur Entnahmearmatur bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern geben.
Zudem werden strenge Grenzwerte für neue Parameter wie z. B. PFAS eingeführt. „Die neue Trinkwasserverordnung ist im Grundsatz ein geeignetes Instrument, die hohe Qualität des Trinkwassers zu wahren. In Summe ist sie ein großer Wurf mit kleinen Mängeln, die es noch abzustellen gilt“, resümiert Wolf Merkel. „Die mit über 70 Paragraphen sehr umfangreiche Verordnung stellt den wirksamen Gesundheitsschutz von Bürg:erinnen ebenso wie eine hohe Effizienz bei der Qualitätskontrolle für das Trinkwasser sicher.“ Lediglich in einzelnen Punkten bestehe noch Klärungsbedarf mit dem Bundesgesundheitsministerium, so Wolf Merkel.

Der DVGW konnte mit neuesten Erkenntnissen aus Forschung und Entwicklung wesentlich zur Diskussion um gesundheitliche Bewertung und technische Machbarkeit beitragen. Mit dem hochkarätig besetzen Kongress gat | wat 2022 am 18. und 19. Oktober in Berlin gab der DVGW wichtige Impulse in der Diskussion um eine zukunftsfeste Energie- und Wasserversorgung. Unter der Beteiligung von Bundesbauministerin Klara Geywitz, der Umwelt-Staatssekretärin Bettina Hoffmann, dem niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies und weiteren prominenten Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft wurden neue Handlungsoptionen und Lösungsstrategien diskutiert.

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