Glasfaser für alle bis 2030: Die Bundesregierung hat ihre Ziele für den flächendeckenden Ausbau der zukunftsfähigen digitalen Infrastruktur in der Gigabitstrategie hoch gesteckt. Mit der BREKO-Marktanalyse 2022 hat der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) am 6. September 2022 eine umfassende Gesamtmarktanalyse zur Entwicklung des Glasfaserausbaus in Deutschland und damit eine Wasserstandsmeldung zur Zielerreichung vorgelegt. Mit einer Glasfaserabdeckung von 26 % (Stand 30. Juni 2022) ist ein erster Meilenstein geschafft. Für die Erreichung des Ziels der Bundesregierung, bis Ende 2025 die Hälfte der deutschen Haushalte und Unternehmen mit Glasfaser zu versorgen, ist im Kontext der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Lage eine Verbesserung der Ausbaubedingungen von größerer Bedeutung als je zuvor.
Zusammen mit dem Telekommunikationsexperten und Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Jens Böcker hat der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) die aktuelle Analyse zum Stand des Glasfaserausbaus in Deutschland vorgestellt. Neben Daten von über 230 im BREKO organisierten Netzbetreibern stützt sich die BREKO Marktanalyse 2022 auf Ausbauzahlen aller relevanter, am Glasfaserausbau in Deutschland beteiligter, Unternehmen, so dass sie eine umfassende Gesamtanalyse zum Glasfaserausbau in Deutschland darstellt. Neu ist in diesem Jahr die Erhebung von Ausbauzahlen der ersten beiden Quartale im Veröffentlichungsjahr der Studie sowie die Angabe von Glasfaserzahlen für die deutschen Bundesländer.
Glasfaserquote steigt auf 26 %
Studienleiter Prof. Dr. Böcker sieht auch seit der letzten Erhebung der BREKO Marktanalyse im Juli 2021 signifikante Fortschritte beim Glasfaserausbau: „Ich freue mich, einen positiven Überblick zum Glasfaserausbau in Deutschland geben zu können, dessen Fortschritt für die Digitalisierung und damit auch für den Klima- und Umweltschutz von größter Bedeutung ist. Mit 4,4 Mio. neuen (Homes Passed) Glasfaseranschlüssen seit Ende 2020 haben die Netzbetreiber im Jahr 2021 und in der ersten Hälfte des Jahres 2022 das Ausbautempo forciert. Die Glasfaserquote steigt damit kontinuierlich – 26 %, also jeder vierte deutsche Haushalt hat seit Mitte 2022 die Möglichkeit, auf hochleistungsfähige und zukunftssichere Glasfaseranschlüsse zuzugreifen. Ähnlich entwickelt sich auch die Nachfrage. Fast jeder zweite Haushalt, der einen Glasfaseranschluss buchen kann, nutzt bereits diese Chance. Der Nutzen von Glasfaser wird zunehmend erkannt und damit entwickelt sich diese Technologie immer mehr zum Standard. Diese Zahlen unterstreichen darüber hinaus, dass Deutschland im europäischen Vergleich Anschluss gefunden hat.“
Die BREKO-Marktanalyse zeigt: Der Anteil der Glasfaseranschlüsse („Homes Passed“) im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Haushalte und Unternehmen („Glasfaserquote“) ist zu Juni 2022 auf 26 % gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von 4,4 Mio. auf insgesamt 12,7 Mio. Glasfaseranschlüsse deutschlandweit im Vergleich zu Ende 2020. Den größten Teil dieser Anschlüsse realisieren mit 8,8 Mio. und 71 % die alternativen Netzbetreiber, also die Wettbewerber der Deutschen Telekom. Mit seinem Wachstum an Glasfaseranschlüssen liegt Deutschland europaweit auf dem dritten Platz nach Frankreich und Großbritannien.
Die Investitionen in die digitale Infrastruktur sind im Jahr 2021 auf insgesamt 11 Mrd. Euro und damit wiederholt auf Rekordniveau gestiegen. Hier dominieren ebenfalls die alternativen Netzbetreiber. Ihre Investitionen in Höhe von 6,5 Mrd. entsprechen 59 % des gesamten Investitionsvolumens.
Weiterer Ausbaufortschritt mit Risiken behaftet
Die Prognose für den weiteren Ausbau – und damit für die Zielerreichung der von der Bundesregierung gesetzten Glasfaserziele – ist zwar grundsätzlich positiv, bleibt allerdings risikobehaftet. Für das Jahr 2025, für das die Bunderegierung das Ziel ausgegeben hat, 50 % der Haushalte und Unternehmen mit Glasfaser zu versorgen, prognostiziert die BREKO Marktanalyse 2022 eine Abdeckung von 40 bis 53 %. Wie das Ergebnis letztendlich ausfällt, hängt mehr denn je von den politischen Rahmenbedingungen und der schwer abschätzbaren Entwicklung im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands in der Ukraine ab. Dazu BREKO-Präsident Norbert Westfal: „Die aktuell durch die weltpolitische Lage schwierige Situation betrifft auch die am Glasfaserausbau beteiligten Unternehmen. Preissteigerungen, Lieferengpässe und Fachkräftemangeltreffen nicht nur die Bürger:innen. Sie sind auch beim Ausbau deutlich spürbar. Wir haben die Chance, die sehr ambitionierten Ziele der Bundesregierung bis 2025 und 2030 zu erreichen. Dafür brauchen wir aber die Unterstützung von der Politik in Bund, Ländern und Kommunen, um gemeinsam die Voraussetzungen für einen schnellen Ausbau zu schaffen und bestehende Hürden gezielt und schnell abzubauen. Der größte Hebel ist und bleibt dabei die Gestaltung einer den eigenwirtschaftlichen Ausbau sinnvoll ergänzenden – und nicht behindernden – staatlichen Förderung. Die ausbauenden Unternehmen haben mit den vorliegenden Zahlen bewiesen, dass sie Deutschland schnell und effizient mit Glasfaseranschlüssen versorgen. Fördermaßnahmen dürfen daher auch zukünftig nur dort erfolgen, wo keine Wirtschaftlichkeit für einen Ausbau besteht. In diesem Zusammenhang setzen wir weiter große Erwartungen in die von der Bundesregierung beauftragte Potenzialanalyse. Darüber hinaus steht auch die Beschleunigung und Digitalisierung der Genehmigungsverfahren weiter ganz oben auf der Prioritätenliste. Die Politik muss jetzt endlich ihr Versprechen einlösen, die Verwaltung in Deutschland umfassend zu digitalisieren. Die Faxgeräte in den Ämtern müssen endlich der Vergangenheit angehören.“
Hoher Wettbewerbsdruck – Bedeutung von Open Access steigt
Die BREKO-Marktanalyse zeigt: Die Bedeutung von Open-Access-Kooperationen, also die Öffnung des Glasfasernetzes eines ausbauenden Unternehmens zu fairen Bedingungen für andere Wettbewerber, nimmt an Fahrt auf. 81 % der BREKO-Netzbetreiber bieten laut BREKO-Marktanalyse 2022 bereits Open Access an. Dazu BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers: „Wir erleben im Markt und mittlerweile auch innerhalb des BREKO einen intensiven Wettbewerb um die Ausbaugebiete. Wettbewerb belebt das Geschäft – das ist auf der einen Seite gut für den Ausbaufortschritt, auf der anderen Seite gilt es in dieser volkswirtschaftlich angespannten Phase mehr denn je, nachhaltig auszubauen, Überbau zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Open Access bietet dafür eine Lösung. Über 80 % der BREKO-Unternehmen öffnen ihre Netze bereits für Wettbewerber und 23 % der Glasfaseranschlüsse der BREKO-Netzbetreiber werden schon jetzt über Open Access-Partner vermarktet. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren noch deutlich verstärken.“
Nachfrage steigt, Glasfaseranschluss entwickelt sich immer mehr zum neuen Standard
Vor dem Hintergrund des weiter steigenden Datenverbrauchs wird der „echte Glasfaseranschluss“ (Glasfaser bis in die Gebäude und Wohnungen) immer mehr zum Standard. Im Vergleich mit anderen Internet-Anschlüssen verzeichnet die Buchung von Glasfaseranschlüssen (Homes Activated) ein überproportionales Wachstum, die Buchung von Kabelanschlüssen stagniert hingegen.
Rund die Hälfte der Nutzer, die bereits an das Glasfasernetz angeschlossen sind, buchten im Jahr 2021 auch einen Internet-Tarif über einen Glasfaseranschluss. Das zeigt die sogenannte Take-up-Rate, die aus dem Verhältnis der angeschlossenen Nutzer („Homes Connected“) zu den geschlossenen Verträgen („Homes Activated“) berechnet wird. Sie liegt bis Mitte 2022 bei 47%. Über 1,4 Mio. Kunden buchen bereits jetzt einen Anschluss mit einer Bitrate von 1 Gbit/s oder mehr.
Schleswig-Holstein weiter „Glasfaser-Bundesland“
Unangefochten an der Spitze beim Stand des Glasfaserausbaus in den Bundesländern steht Schleswig-Holstein. Mit einer Glasfaserquote von 61 % liegt das „Glasfaser-Bundesland“ knapp vor Hamburg mit einer Glasfaserabdeckung von 59 %. Sachsen-Anhalt liegt mit 33 % auf dem dritten Rang. Bundesweit sind zwischen den Bundesländern starke Unterschiede beim Ausbaustand zu beobachten, was neben den regionalen Besonderheiten vor allem auf die stark variierenden Rahmendbedingungen in den Ländern zurückzuführen ist. Das Schlusslicht bildet mit einer Glasfaserabdeckung von 10 % Berlin.
(Quelle: BREKO)