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Premiere für erstes Merkblatt zur Sanierung von Trinkwasserleitungen

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Autor: Kathrin Mundt

Der Rohrleitungssanierungsverband (RSV) gibt erstmals ein Merkblatt heraus, das die noch junge Technologie des Trinkwasser-Schlauchlinings umfangreich beschreibt. Damit werden Versorger und Ingenieurbüros bei Planung, Ausschreibung und Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen unterstützt. Der Verband zeigt auch praktische Lösungen für die Verbindung des Druckliners an das Trinkwassernetz sowie zur Herstellung von Anschlüssen.

Schlauchlining: seit Jahrzehnten bewährt bei Kanalsanierungen

Die Kosten bleiben im Rahmen, der Verkehr rollt weiter und selbst die entlegensten Stellen werden erreicht – von diesen Vorteilen des vor Ort härtenden Schlauchlinings profitieren bisher vorwiegend die Betreiber von Abwasser-Kanalisationsnetzen. Dass es auch für Trinkwasserleitungen erprobte Systeme gibt, ist in Deutschland hingegen wenig bekannt.

Schlauchliner mit Trinkwassereignung

Nun kommt Bewegung in die Sache – nicht nur angesichts eines wachsenden Bedarfs an Verfahren zur Sicherstellung der Trinkwasserinfrastruktur. Mehrere Hersteller von vor Ort härtenden Methoden haben ihre Systeme in umfangreichen Nachweisverfahren auf ihre Trinkwassereignung prüfen lassen, so dass diese vom Markt akzeptiert werden können.

Von Anforderungen bis Abnahme – alles im Blick

Sanierung von Trinkwasserleitungen jetzt auch mit RSV-Merkblatt (Bild RSV/Diringer & Scheidel)

“Die Normgrundlage an die Systeme ist vorhanden”, sagt Dr. Susanne Leddig-Bahls, Obfrau des RSV-Arbeitskreises 1.3 zur Sanierung von Trinkwasserleitungen. Mit der DIN EN ISO 11298-4 sind Schlauchliner bereits normativ geregelt, ebenso sind Gewebeschlauchverfahren seit Jahrzehnten nach DVGW GW 327, W 330 im Einsatz. “Was bisher fehlte, ist ein Leitfaden, der die konkreten Anforderungen, Einsatzbedingungen, Materialien und Einbauprozesse beschreibt. Auftraggeber und Ingenieurbüros wünschen sich außerdem Hilfestellung bei der Planung, Ausschreibung und Überwachung bis hin zur Abnahme. Das alles haben wir nun in ein Werk zusammengefasst”, erklärt Leddig-Bahls.

Einsatzgrenzen, Vorbehalte, Hygieneanforderungen

Der RSV beschäftigt sich im Arbeitskreis auch mit den Einsatzgrenzen und Vorbehalten gegenüber Sanierungsverfahren, wie etwa der Frage nach der Prozesskontrolle vor Ort. Susanne Leddig-Bahls: “Wir wollen mit dem Merkblatt zeigen, dass die Branche ihre Hausaufgaben gemacht hat. Wir können die Bedingungen kontrollieren und die Härtung zuverlässig nachweisen, so dass kein Netzbetreiber Sorge haben muss, dass die Qualität eines Endproduktes der einer Fertigung im Werk nachsteht.”

Der aus Mitarbeitern von Unternehmen, Netzbetreibern, Ingenieurbüros und Hygiene-Experten bestehende Arbeitskreis hat sich rund zwei Jahre lang mit der Erstellung des Merkblattes beschäftigt – vorwiegend in Online-Sitzungen. In einer Vorab-Veranstaltung gaben die Verantwortlichen des Verbandes gegenüber Wasserversorgern einen Vorgeschmack auf das Werk, das auf der Website des RSV seit August als PDF veröffentlicht und kostenlos verfügbar ist.

Nutzungsdauer von 50 Jahren und mehr

Die Besonderheit der Renovierung mit Schlauchlinern gegenüber grabenden Erneuerungsverfahren besteht darin, dass unter der Erde ein neues Rohr entsteht, ohne die Altrohrleitung aufwändig auszugraben. Zwei Technikfamilien stehen im Trinkwasserbereich zur Verfügung – entweder das vor Ort härtende Schlauchlining oder das Schlauchlining mit rückseitiger Verklebung.

Anders als bei Reparaturverfahren können Schlauchliner prinzipiell eine Nutzungsdauer von 50 Jahren und mehr erreichen. Voraussetzung für diese als grabenarmes Verfahren bezeichnete Methode sind lediglich kleine Baugruben zum Einbringen des Schlauchliners in die zu sanierende Rohrleitung– ansonsten kann der Verkehr weiter rollen.

Susanne Leddig-Bahls, zugleich Leiterin des Ingenieurbüros IQS, stellt die wichtigsten Vorteile des Schlauchlinings gegenüber dem Einsatz werksgefertigter Rohre heraus: “Der Schlauchliner punktet vor allem bei der Flexibilität. Es werden Leitungen sanierbar, an die man vorher gar nicht rangekommen ist. Da es sich um muffenlose, durchgängige Linerrohre handelt, die eng am Altrohr anliegen, ist zudem die hydraulische Leistungsfähigkeit vielen Systemen überlegen.”

Besonderheiten der Trinkwasser-Anforderungen berücksichtigt

Trinkwasserhygienische Bedingungen und Prüfanforderungen spielen eine entscheidende Rolle beim Einsatz des vor Ort härtenden Schlauchlinings in Trinkwasserleitungen.

“Der Transport von Trinkwasser ist ein sensibles Thema, umso wichtiger ist es, dass wir eine gute technische Beschreibung bieten, die das Vertrauen für die Technologie der Leitungssanierung schafft”, betont auch Andreas Haacker, Vorsitzender des RSV. Den hygienischen Anforderungen ist im Arbeitsblatt ein ganzes Kapitel gewidmet. Denn: Sämtliche Stoffe müssen für die Trinkwasseranwendung freigegeben sein und so eingesetzt werden, dass sie den strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen. Die neuen Leitlinien des Umweltbundesamtes zur Bewertung von Materialien in Kontakt mit Trinkwasser werden im Merkblatt ebenfalls berücksichtigt.

Ein weiterer sensibler Punkt ist die Überwachung der Reaktionsprozesse auf der Baustelle. “Wir härten vor Ort. Wie weisen wir nach, dass die Härtung so erfolgt ist, wie dies in der Zulassung gefordert ist? Hier haben wir in Zusammenarbeit mit zwei Prüflaboren und dem Hygieneinstitut konkrete Vorgaben erarbeitet, die im Merkblatt niedergelegt sind”, erklärt Susanne Leddig-Bahls.

Die Verfahren im Überblick

Die am Markt befindlichen Schlauchlining-Systeme und Materialien werden im Merkblatt in einer Übersicht dargestellt, sortiert nach Linerklassifizierung, Härtung und Anwendungen. Im Text erhalten Anwender zusätzliche konkrete Empfehlungen für das jeweilige Einsatzgebiet. “So kann sich jeder das System heraussuchen, das für sein Projekt am besten geeignet ist “, so Leddig-Bahls.

Hinweis: Die möglichen Einbaulängen sind projekt- und systemabhängig, mögliche Druckstufen sind durchmesser- und systemabhängig.
* Bei den genannten Werten handelt es sich um typische Anwendungsbereiche, einzelne Kennwerte für die unterschiedlichen Druckschlauchliner sind den Herstellerangaben zu entnehmen.


 

Lösungen für Anschlussleitungen

Sowohl Netzbetreiber als auch Ingenieurbüros haben bereits im Vorfeld großes Interesse an den Inhalten des Merkblatts signalisiert, so dass der Arbeitskreis sich besonders mit der Fertigstellung beeilt hat. Das Merkblatt widmet sich übrigens auch einem Problem, das vor allem von städtischen Netzbetreibern angeführt wird: Die sichere Anbindung von Hausanschlüssen. Dafür gibt es nach Aussagen von Obfrau Susanne Leddig-Bahls inzwischen aktuelle Lösungen. “Natürlich muss ein Schlauchliningsystem sicher in das bestehende Druckleitungsnetz eingebunden und Hausanschlüsse wiederhergestellt werden können . Auch dafür wurden aktuelle Lösungen entwickelt, die auf der Linerinnenseite abdichten. Dies wird im Merkblatt beschrieben und Anforderungen definiert”, bestätigt die Expertin. So konnten erste konkrete technische Anschlusslösungen für Druckschlauchliner ihre Einsatzfähigkeit in sanierten Druckleitungen im Rahmen eines Stresstests nachweisen. Hierfür wurde ein neuartiger Bauteilversuch verwendet, der zyklische Lastwechsel im Über- und Unterdruckbereich simuliert. Ein DIN-Arbeitskreis ist derzeit dabei, die Prüfung für die deutschen und internationalen Normen vorzubereiten, sodass künftig die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Anschlusssystemen gewährleistet werden kann.

Startschuss für neue Merkblatt-Strategie des RSV

Online-Meetings und der zunehmenden Digitalisierung sei Dank – mit dem Merkblatt 1.3 kann der RSV nun eine neue Strategie der Merkblattarbeit eröffnen. “Wir drucken die Blätter nicht mehr, sondern stellen sie als PDF zur Verfügung. Das bietet nicht nur im Layout neue Möglichkeiten – so lassen sich im Dokument Verweise bequem per Link generieren. Und sobald sich zum Beispiel bei den Anschlusstechniken etwas Neues tut, setzen wir uns wieder zusammen und aktualisieren das Merkblatt”, kündigte Leddig-Bahls an.

Stimmen aus dem Netzbetrieb: “Der richtige Schritt”

Warum werden bislang die Trinkwasser-Schlauchliner durch die Systemhersteller und Dienstleister erfolgreich im Ausland vermarktet, während sie in Deutschland ein Nischendasein fristen? Dass der Markt auch in Deutschland nun bereit ist, davon ist Torsten Matussek vom Wasserverband Garbsen-Neustadt überzeugt. “Das Merkblatt des RSV ist der richtige Schritt. Damit wird es für uns Netzbetreiber leichter werden, den sehr großen Bedarf an Sanierungen bei der Leitungsinstandhaltung zu decken – auch wenn das Schlauchlining eine Methode von vielen ist, die zur Auswahl stehen.” Matussek appelliert, auch andere grabenlose Verfahren über die RSV-Merkblätter in den Trinkwasserbereich zu heben.

“Das Thema Sanierung ist für uns Netzbetreiber allgemein eine immer wichtiger werdende alternative Verlegemethode – insbesondere für den städtischen Netzbetrieb”, sagt Guido Kandolf von der wesernetz Bremen GmbH. “Einerseits werden die Platzverhältnisse im Boden innerorts durch die zunehmende Verlegung weiterer Infrastrukturen (z.B. Glasfaser) immer beengter. Zum anderen fordert doch auch der ständige Kostendruck ein grundsätzliches Umdenken schon bei der frühzeitigen Erneuerungsplanung von Versorgungsleitungen bei Erdgas-, Trinkwasser- und Wärmenetzen und auch natürlich auch im Abwasserbereich.”

Diese Meinung vertritt auch Steffen Hommel vom Ingenieurbüro IRS Sachsen. Hommel begleitete zuletzt im Auftrag des Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverband (MAWV) die Sanierung einer Trinkwasserleitung DN 600, bei der streckenweise vor Ort härtende Schlauchliner erfolgreich zum Einsatz kamen. Vor allem in den neuen Bundesländern gebe es einen enormen Bedarf, alte Betonrohrleitungen instand zu setzen. “Wenn die Verfahren dazu geeignet sind, dann ist das sicherlich eine große Chance für alle”, so Hommel.

 

Zum Download

RSV-Merkblatt 1.3 “Renovierung von Trinkwasserleitungen mit Druckschlauchlinern”

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