Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen und Wasserressourcennachhaltig zu sichern, bereitet das Umweltministerium Nordrhein-Westfalen derzeit eine umfassende „Zukunftsstrategie Wasser“ vor.
Hierzu hat das Umweltministerium am 14. Mai 17 zentrale Eckpunkte vorgestellt, die den Dialog mit den wasserwirtschaftlichen Akteuren, Verbänden und Institutionen eröffnen, um zukünftige Lösungen und konkrete Maßnahmenpakete zu diskutieren und zu vereinbaren. Denn die häufiger werdenden Extremwetter wirken sich unmittelbar auf die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Hochwassersicherheit sowie die Gewässerökologie aus.
„Durch die Klimakrise werden Wetterextreme mit Dürren und Starkregen in Zukunft öfter eintreten. Daher ist es essentiell, dass wir die Wasserressourcen klimastabil und nachhaltig gestalten. Denn Wasser ist unser wertvollstes Gut und unabdingbar für Natur, Mensch und Wirtschaft“, so Umweltminister Oliver Krischer. „Gerade in einer so dicht besiedelten Industrieregion wie Nordrhein-Westfalen ist eine nachhaltige Wasserversorgung mit großen Herausforderungen verbunden, die der Klimawandel weiter verschärft. Mit der Zukunftsstrategie Wasser möchten wir alle Beteiligten an einen Tisch holen, um gemeinsam zu analysieren und zu vereinbaren, wie wir unsere Wasserressourcen in Nordrhein-Westfalen nachhaltig und klimastabil sichern können.“
Um die Eckpunkte der Zukunftsstrategie mit Expert:innen zu diskutieren und gemeinsam konkrete Maßnahmen zu identifizieren, richtet das Umweltministerium Anfang Juni eine erste Tagung aus.
Zentraler Punkt: Hochwasserschutz
Ein zentraler Punkt ist der Hochwasserschutz. Denn für die Sicherheit der Bürger:innen sowie für die Absicherung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung kommt dem Hochwasserschutz und der Hochwasservorsorge immer größere Bedeutung zu. Entsprechend des 10-Punkte-Arbeitsplans „Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels“ gilt es zum Beispiel, Synergieeffekte zwischen Maßnahmen des Hochwasserschutzes und der Gewässerrenaturierung zu nutzen.
Wichtig ist ein nachhaltiges Wassermanagement zudem für den Strukturwandel im Rheinischen Revier und die Energiewende. Für die Trinkwasserversorgung werden in Nordrhein-Westfalen jährlich mehr als 1 Mrd. Kubikmeter Wasser gefördert. Um die Wasserversorgung auch in langen Trockenzeiten für die verschiedenen Nutzungen zu sichern, sollen Einsparpotenziale identifiziert und genutzt werden.
Hohe Temperaturen und geringere Niederschläge im Klimawandel führen auch zu fallenden Grundwasserständen und einer geringeren Wasserführung in Gewässern, wodurch gleichzeitig die Schadstoffkonzentrationen steigen können. Daher gilt es, Schadstoffeinträge konsequent weiter zu minimieren. Auch technische Fragen sollen erörtert werden, um beispielswiese die Abwasserbehandlung fortschrittlich und robust weiterzuentwickeln.
Trends und Ursachen von trockenfallenden Gewässern sollen systematisch erfasst und Gegenmaßnahmen entwickelt und priorisiert werden. Dabei kommt der naturnahen Entwicklung des Wasserhaushalts eine wichtige Bedeutung zu, da z.B. Auen und Schwammlandschaft zur gesicherten Mindestwasserführung in den Oberflächengewässern beitragen. Nur rund 10 % aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen sind derzeit in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand.
„Gesunde Gewässer mit ihren vielfältigen Lebensräumen sind unverzichtbar für die biologische Vielfalt, den Hochwasserschutz, die Klimaanpassung und die Trinkwasserversorgung. Unsere Gewässer können diese vielen wertvollen Leistungen aber nur erbringen, wenn wir sie pfleglich behandeln und ihnen auch wieder Raum geben, sich zu entfalten“, so Krischer. Betrachtet werden hierzu in der Zukunftsstrategie Wasser auch Aspekte des Bodenschutzes, da Böden wichtige Funktionen als Speicher und Filter für Wasser haben. Für den Wasserhaushalt in Städten ist zudem die Entkopplung von Niederschlagswasser und Kanalisation ein wichtiges Ziel, um die Auswirkungen von Starkregen und Dürren zu mildern. Damit für die wichtigen Aufgaben der Wasserwirtschaft ausreichend gut qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, sollen zudem gemeinsame Ansätze in der Aus- und Fortbildung sowie beim fachlichen Wissensmanagement diskutiert werden.
Die 17 Eckpunkte der Zukunftsstrategie Wasser im Überblick
- Sicherheit geht vor! Der Hochwasserschutz wird klimafit.
- Überflutungen beherrschen und Starkregenvorsorge stärken.
- Talsperrenland NRW – zukunftssicher und klimaangepasst.
- Versorgungssicherheit garantieren! Sicherstellung von Wasser in bester Qualität und ausreichender Menge für Mensch und Wirtschaft.
- Niedrigwassermanagement in NRW! – Mengenbewirtschaftung neu denken und Landschaftswasserhaushalt stärken.
- Klimaresiliente Gewässer schaffen! Mehr Biodiversität und Klimaresilienz durch naturnahe Maßnahmen blau-grüner Infrastruktur.
- Wasserspeicher Boden! Böden als Speicher und Filter stärken.
- Lebensqualität in die Städte! Wir verbessern den Wasserhaushalt in der Stadt.
- Spitzenplatz in der Abwassertechnik sichern! Neue Herausforderungen an die Abwasserbeseitigung meistern.
- Schadstoffbelastungen reduzieren! Punkt- und diffuse Eintragsquellen beherrschen – auch vor dem Hintergrund des Klimawandels.
- Ohne Wasser keine Zukunft! Wasserwirtschaft als elementare Grundlage des Strukturwandels im Rheinisches Revier.
- Keine Energiewende ohne Wasser! Nachhaltige und ökologische Wasserverwendung.
- Europäische Nachbarschaft flussgebietsbezogen leben! Enge Abstimmung intensivieren, gemeinsame Bewirtschaftungs- und –schutzansätze entwickeln.
- Neue Wasserexperten braucht das Land! Fachkräfte für eine starke Wasserwirtschaft im demographischen Wandel.
- Gemeinsame Kommunikation stärken! – Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung weiterentwickeln.
- Wasserinfrastruktur für zukünftige Generationen sichern! – Initiative zur Bestandserhaltung und neue Infrastrukturen für neue Herausforderungen.
- Neue Formen der Zusammenarbeit! Initiative zur Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen.
Auftaktveranstaltung der nordrhein-westfälischen Wasserstrategie – H2O – NRW
Am 3. Juni lädt das Ministerium Interessengruppen ein, mit dem Umweltministerium in den Dialog zu treten und dabei gemeinsam die Grundlagen für das zukünftige Handeln festzulegen. Im Mittelpunkt des Tages stehen intensive zweiteilige Workshops, in denen die Handlungsziele aus dem Eckpunktepapier diskutiert und gemeinsam Ideen entwickelt werden, wie die Wasserwirtschaft diese Ziele erreichen kann. Die Beiträge und Ergebnisse dieser Workshops werden in die weiteren Schritte der Entwicklung der Strategie einfließen.
(Quelle: Umweltministerium NRW)
Buchtipp zum Thema: “Kanalnetzplanung und Überflutungsvorsorge”
von Prof. Dr.-Ing. Helmut Grüning und Dr.-Ing. Klaus Hans Pecher
Stadthygiene und Gewässerschutz sowie der Schutz vor Überflutungen im urbanen Raum zählen zu den maßgeblichen Aufgaben der Entwässerungstechnik. Urbane Sturzfluten durch Starkregen und Überschwemmungen durch Hochwassereignisse, wie wir sie Mitte 2021 in Deutschland erlebt haben, verdeutlichen die Wirkungen des Elementes Wasser im Kontext des Klimawandels. Neben der grundlegenden Bedeutung für Leben und Wachstum steht die zerstörerische und lebensbedrohliche Wirkung von Wasser.
Vor diesem Hintergrund wurde in der 2. Auflage vor allem das Kapitel 12 „Gefährdungsanalyse und Überflutungsvorsorge“ und Kapitel 13 „Wasserbewusste Stadtentwicklung“ überarbeitet und ergänzt. Zu den Themenschwerpunkten zählen hier Konzepte zur Überflutungsvorsorge, Erläuterungen zum Hochwasserschutz sowie Maßnahmen zur Förderung natürlicher Wasserhaushaltsprozesse in urbanen Räumen.
Weitere thematische Schwerpunkte liegen in den Bereichen der Abwasserableitung. Hier werden u.a. die Bemessungsgrundlagen sowie die Modellierung und Simulation von Niederschlag- und Abflussprozessen behandelt.
Sämtliche Inhalte des Buches wurden grundlegend durchgesehen und stellenweise erweitert. Weiterhin enthält die 2. Auflage des Buches nun zahlreiche Beispiele, die zum Verständnis der behandelten Themen beitragen. Das Buch richtet sich an Studierende aus dem Bereich der Wasserwirtschaft und auch an Praktiker, die sich über Grundlagen und neue Entwicklungen zum Thema informieren möchten.