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NRW: Sektoruntersuchung Fremdwasserbezug

Die Landeskartellbehörde legt mit einem Bericht ihre Ergebnisse aus der Sektoruntersuchung im Wirtschaftszweig des Fremdwasserbezugs der nordrheinwestfälischen Wasserversorgungsunternehmen vor. Dabei werden vor allem kartellrechtliche Fragen erörtert.

von | 12.11.20

Wie aussagekräftig ist der Abschlussbericht der Sektoruntersuchung, den das Ministerium für Wirtschaft des Landes NRW vorgelegt hat?

Die im Jahre 2017 aufgrund von vermehrten Hinweisen aus der Wasserwirtschaft gestartete Marktuntersuchung soll Aufschluss über die Marktverhältnisse und die Marktakteure sowie über die Wettbewerbsintensität beim Fremdbezug von (Trink-)Wasser geben. Mit den Erhebungsunterlagen wurden entsprechende Daten der Jahre 2014 bis 2016 bei den Unternehmen abgefragt.

Geliefertes Fremdwasser

Die Sektoruntersuchung ergab, dass in Nordrhein-Westfalen viele verschiedenartige Unternehmen als Vorlieferanten tätig sind. Im Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 103 Unternehmen ermittelt, die Fremdwassermengen liefern. Rund die Hälfte davon sind Stadtwerke, die Fremdwasser an benachbarte Unternehmen abgeben. Darüber hinaus gibt es einige Wassergesellschaften, die sich ausschließlich auf die Belieferung mit Fremdwasser spezialisiert haben. Des Weiteren existieren einige Wasser- und Bodenverbände, die Fremdwassermengen für die eigenen Mitglieder bereitstellen. Eine Besonderheit stellen in Nordrhein-Westfalen die sog. sondergesetzlichen Wasserverbände dar, die für die Bewirtschaftung ganzer Flussgebiete zuständig sind und teilweise auch Fremdwassermengen zur Verfügung stellen.

Vorlieferantenmarkt

Nach Auswertung der erhobenen Daten nimmt die Landeskartellbehörde einen eigenständigen sachlich relevanten Markt für die Belieferung mit Fremdwassermengen in Trinkwasserqualität an. Der Vorlieferantenmarkt ist somit die der öffentlichen Trinkwasserversorgung vorgelagerte „Großhandelsstufe“ für Fremdwassermengen in Trinkwasserqualität. In räumlicher Hinsicht grenzt die Landeskartellbehörde den Markt regional ab, da die Abnehmer die relevanten Fremdwassermengen innerhalb ortsnaher bzw. regionaler Gebiete beziehen.

Unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse

Innerhalb dieser regionalen Gebiete herrschen ganz unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse, aufgrund derer eine generelle Bewertung der Marktmachtverhältnisse auf dem Vorlieferantemarkt schwierig ist. In einigen Regionen herrschen monopolartige Strukturen vor, in anderen Regionen scheinen Vorlieferanten zueinander im Wettbewerb zu stehen. Insgesamt lassen sich deshalb keine verallgemeinerbaren Schlussfolgerungen ziehen. Allerdings ist trotz der regionalen Unterschiede festzuhalten, dass der betrachtete Markt mit den analysierten Merkmalen marktbeherrschende Verhältnisse systemimmanent begünstigt.

Ortsnahe Wasservorkommen

Aufgrund der Besonderheiten in der Wasserwirtschaft wird den Abnehmern ein Vorlieferantenwechsel erschwert und damit der Wettbewerb weiter begrenzt. Allein der Grundsatz der ortsnahen Wasserversorgung sowie die beschränkte Transportfähigkeit von Wasser sorgen dafür, dass der Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken ist und ein Vorlieferant an einem Ort in möglichst unmittelbarer Nähe zu den Abnehmern angesiedelt sein muss, an dem geeignete und ausreichende Wasservorkommen vorzufinden sind.
Neue Markteintritte werden aufgrund der zu tätigenden erheblichen Investitionen erschwert. Dadurch ist bereits die Auswahl an potentiellen Vorlieferanten erheblich eingeschränkt. Darüber hinaus eröffnen die langen Vertragslaufzeiten von Wasserlieferungsverträgen nur in sehr großen zeitlichen Abständen überhaupt die Situationen für einen Vorlieferantenwechsel und beeinflussen die Wettbewerbsintensität somit negativ.

Missbrauch bei Preisgestaltung

In einzelnen regionalen Gebieten mit einem besonders hohen Preisniveau ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall die Voraussetzungen eines Preishöhenmissbrauchs erfüllt sein könnten. Im Hinblick auf die Fremdbezugspreise wird sich die Landeskartellbehörde beim Vorliegen entsprechender Beschwerden im Rahmen ihres Ermessens weitere Ermittlungsschritte vorbehalten. In einem möglichen Kartellverfahren müsste stets individuell im Einzelfall ermittelt werden, ob der Vorlieferant eine besondere Marktstellung innehat und diese (z.B. durch missbräuchlich überhöhte Fremdbezugspreise) ausnutzt. Zur abschließenden Beurteilung wären dementsprechend in einem kartellbehördlichen Verfahren noch weitere Ermittlungen erforderlich.

Prüfraster für Kartellrechtliches

Der vorliegende Bericht erläutert diesbezüglich den maßgeblichen kartellrechtlichen Bewertungsrahmen und bietet den Marktakteuren ein Prüfraster, ob kartellrechtlich relevante Entgelte oder Geschäftsbedingungen vorliegen.

Keine eindeutigen Ergebnisse

Die Sektoruntersuchung im Wirtschaftszweig des Fremdwasserbezugs der nordrhein-westfälischen Wasserversorgungsunternehmen hat anders als vielleicht erwartet weder eindeutige Ergebnisse zur Frage der Marktmacht noch Hinweise auf einzelne Unternehmen, die evtl. missbräuchliche Preise gegenüber ihren Weiterverteilern erheben, ergeben.
Vielmehr hat die Untersuchung bestätigt, dass der Vorlieferantenmarkt generell von heterogenen Strukturen geprägt ist, die eine simplen Rückschluss von Durchschnittspreisen auf missbräuchliche Preise nicht zulassen.
Die Sektoruntersuchung schafft eine belastbare Datengrundlage, mit der ein konzeptionelles Prüfraster für zukünftige Preisprüfungsverfahren in Fällen, in denen Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten vorliegen, entwickelt wurde.

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