Am Fuße der Möhnetalsperre in Nordrhein-Westfalen setzte die Sanierungstechnik Dommel GmbH ein beschädigtes Betonrohr aus den 1950er Jahren instand. Auf einer Länge von knapp 40 m wurden mithilfe des Tight-in-Pipe-Verfahrens (TIP) neue Kurzrohre aus Polypropylen eingebaut. Die Temperaturen des Winters waren dabei nur eine Herausforderung, der sich die Kanalprofis stellten.
Möhnetalsperre wurde 1913 eingeweiht
Der Möhnesee im Kreis Soest zählt heute zu den zehn größten Talsperren Deutschlands. Bei der Einweihung im Jahr 1913 war die Talsperre sogar die größte Stauanlage Europas. Eine aus Bruchstein errichtete Mauer erstreckt sich über eine Länge von 650 m und ist rund 40 m hoch. Am Fuße dieser Steinwand sanierte die Sanierungstechnik Dommel GmbH Anfang des Jahres 2021 eine Betonrohrleitung DN 600, die einen Teil des Sickerwassers aus der Staumauer ableitet. Zusätzlich mündete auf dem Sanierungsabschnitt auch die Leitung eines Kraftwerkes in den Kanal ein.
Fremdwasser-Infiltration im Altrohr
Das zu sanierende Rohr stammt aus den 1950er Jahren und ist somit schon rund 70 Jahre im Einsatz. Alterungsbedingt kam es nun zu einigen Schäden, die dem Ruhrverband als Betreiber durch regelmäßige Kanaluntersuchungen frühzeitig auffielen. Mit dem Fund der ersten Beschädigung wurden die Kamerabefahrungen daher immer häufiger durchgeführt. Die Betonrohrleitung wies Haarrisse im Rohrscheitel und Ablagerungen an den Muffenverbindungen auf. Zudem gab es einen Altschaden aus den 1990er Jahren. Damals wurden erste Reparaturarbeiten mithilfe eines Kurzliners durchgeführt. Nach über 30 Jahren im Betrieb lösten sich nun allerdings die Lagen des Kurzliners und es kam zu starken Infiltrationen: Fremdwasser gelangte in den Kanal. Dieses wird in der DIN EN 752 als „unerwünschter Abfluss in ein Entwässerungssystem“ definiert und birgt einige Gefahren. Zum einen können die Anlage sowie Kanäle durch viel Fremdwasser überlastet werden. Zum anderen sind nicht selten Störungen im Prozess der Abwasserreinigung die Folge und es kommt zu erhöhten Energiekosten. Im Falle der zu sanierenden Betonrohrleitung löste die Fremdwasser-Infiltration eine ungewünschte Drainagewirkung in der Umgebung aus. Da der angrenzende Ausgleichsweiher am Fuße der Staumauer künstlich ausgepegelt wird, sollte das Wasser nicht unbemerkt im Untergrund verschwinden. Außerdem hätte der sich lösende Kurzliner zu einem Abflusshindernis werden können.
Sanierung im Tight-in-Pipe-Verfahren
Um die Dichtheit und Betriebssicherheit der Kanalleitung wiederherzustellen, entschied sich der Ruhrverband für das Tight-in-Pipe-Verfahren (TIP) und schrieb den Auftrag aus. Die Sanierungstechnik Dommel aus Hamm führte die Sanierung durch. „Wir haben mit einer Kanalreinigung gestartet. Besonders daran war ein vorhandener Muschelbesatz, den wir im Vorfeld entfernen mussten“, erklärt Dommel-Oberbauleiter Carsten Borghoff. Anschließend erfolgte eine Kamerabefahrung. Zudem waren einige Vorarbeiten mittels Fräsroboter notwendig. Zu Beginn des TIP-Verfahrens wurde eine mehrgliederige Kaliberhülse eingebaut. Dieser Stahlkonus drückt Ablagerungen und Versätze aus dem Altrohr, so dass die neuen Rohre unbeschädigt eingeführt werden können. Anschließend erfolgte der Einschub der Sanierungsrohre mittels einer hydraulischen Schubvorrichtung. Bei der Sanierung am Fuße der Möhnetalsperre kamen Rohre aus Polypropylen mit einem Außendurchmesser DA 560 mm zum Einsatz. Die Baulänge der einzelnen Module betrug 0,5 m, so dass sie aus den vorhandenen Schächten eingeschoben werden konnten. „Diese Rohre bieten den Vorteil, dass sie über zuverlässige Muffenverbindungen mit zwei Keildichtungen verfügen. Dies garantiert eine dauerhafte Dichtheit. Zudem sind sie unempfindlich gegen Fremdwasser-Infiltration und mit einer Vortriebskraft von bis zu 80 t belastbar“, erklärt Borghoff. Nachdem alle Elemente in das Altrohr eingeschoben wurden, folgte die Entnahme der Kaliberhülse im gegenüberliegenden Zielschacht. Zudem wurden dichte Schachteinbindungen hergestellt. Abschließend erfolgte eine Abnahmeuntersuchung. Das Ergebnis: ein betriebssicheres Rohr-in-Rohr-System mit einer Lebensdauer von bis zu 50 Jahren. Diese Langlebigkeit ist nur ein Vorteil des TIP-Verfahrens. Ein weiterer Vorteil ist die minimalinvasive Bauweise. Die Rohre können aus den vorhandenen Schächten installiert werden, so dass keine begleitenden Tiefbauarbeiten notwendig sind. Dadurch verringert sich die Bauzeit – das minimiert gleichzeitig die Umweltbelastung und Kosten. Zudem gibt es kaum Beeinträchtigung der Infrastruktur, da Straßen weiterhin befahrbar bleiben.
Enge Koordination mit dem Auftraggeber
Eine zentrale Herausforderung der Baumaßnahme war das Wetter. So herrschten während der Umsetzung im Januar Außentemperaturen um den Gefrierpunkt vor – bei Minusgraden sind Rohr und Gerätetechnik spröder als im Sommer. Des Weiteren konnten die Arbeiten nur bei einem Stillstand des angrenzenden Kraftwerkes stattfinden. Dies hatte eine enge Koordination mit dem Auftraggeber zur Folge. „Wenn man am Fuße der Staumauer steht und bedenkt, dass sich dahinter eine beeindruckende Ingenieurskunst sowie eine über 100-jährige Geschichte verbergen, macht es stolz, dass wir einen Teil zur dauerhaften Funktionsfähigkeit beitragen konnten“, erklärt Borghoff. Die Bauzeit inklusive der vor- und nachbereitenden Arbeiten betrug zwei Wochen. Der Rohreinbau war in zwei Tagen abgeschlossen.
Weitere Sanierungsmaßnahmen am Fuße der Staumauer
Im Vorjahr sanierten die Kanalprofis bereits einen Abschnitt am Fuße der Staumauer. Oberhalb der im TIP-Verfahren sanierten Kanalleitung galt es, einen 225 m langen Betonkanal instand zusetzten. Da dieser keine gravierenden Schäden aufwies, entschied sich der Auftraggeber für eine Sanierung mittels GFK-Schlauchliner. Durch den Einbau des Schlauchliners entsteht eine dichte und betriebssichere Leitung. Der Vorteil hierbei ist, dass der Querschnitt des Rohres nur minimal verringert wird. Dieses Sanierungsverfahren erfolgt ebenfalls grabenlos und beeinträchtigt nicht die Umwelt.
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