Mit seinen Ausführungen zu Inspektion und Wartung behandelt das DVGW-Arbeitsblatt W 392 vom Mai 2003 zwei Kernaspekte des im September 2006 erschienenen DVGW-Arbeitsblatts W 400-3 “Technische Regeln Wasserverteilungsanlagen (TRWV); Teil 3: Betrieb und Instandhaltung”. Im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Regelwerks und seine Anwenderfreundlichkeit liegt es somit nahe, alle konkreten Ausführungen zur Instandhaltung zukünftig in W 400-3 zusammenzufassen. So wurden nun die Ausführungen der alten W 392 zu Inspektion und Wartung grundlegend revidiert und in ein Beiblatt zur W 400-3 ausgegliedert (“W 400-3-B1”), das bei der zukünftigen Überarbeitung von W 400-3 integriert wird.
Die neue W 392 konzentriert sich folglich ganz auf den Rohrnetz-Wasserverlust, seine Ermittlung, Überwachung und Bewertung. Dazu gehören die Erstellung der Wasserbilanz und die Bildung von Kennzahlen. Hier findet sich der eigentliche Anlass zur Überarbeitung des Regelwerks. Die alte W 392 basiert auf dem “spezifischen realen Wasserverlust” qVR). Die International Water Association (IWA) verwendet jedoch den “Infrastructure Leakage Index” (ILI), um die Dichtheit von Netzen der öffentlichen Trinkwasserversorgung zu beurteilen. In der neuen W 392 wird deshalb der ILI zusätzlich aufgenommen und die Beziehung zwischen qVR und ILI dargestellt.
Der ILI berücksichtigt neben der Länge der Haupt- und Versorgungsleitungen zusätzlich auch die Länge und Zahl der Anschlussleitungen, den durchschnittlichen Betriebsdruck sowie einen “unvermeidbaren jährlichen realen Verlust”. Was in Bezug auf Wasserverlust unvermeidbar ist, wird letztlich durch Erkennungs- und Eingriffsmöglichkeiten vorgegeben. Nach der neuen W 392 werden dieser unvermeidbare jährliche reale Verlust auf Basis einer internationalen Konvention berechnet und der ILI als Verhältnis des (tatsächlichen) jährlichen realen Verlusts zum unvermeidbaren jährlichen realen Verlust definiert.
So kann es dazu kommen (besonders bei neuen Netzen), dass das “vermeintliche” Minimum – ILI = 1,0 – sogar unterschritten wird. Setzt man allerdings ein viele Jahrzehnte bestehendes und immer nur schrittweise rehabilitierbares Netz voraus, das höchstens marginal ausgebaut wird, ist die Erreichung und Einhaltung dieses Minimums durchaus anspruchsvoll bzw. eine dauerhafte, deutliche Unterschreitung eher unrealistisch. Im Ergebnis ist der ILI bezüglich seiner Einflussfaktoren deutlich umfassender und realitätsnäher als der qVR. Demnach ist davon auszugehen, dass sich der ILI als aussagefähigere Kennzahl durchsetzen wird.
Im Gegensatz zu qVR und ILI berücksichtigt der in der öffentlichen Diskussion meistens benutzte reale Wasserverlust in Prozent der Netzeinspeisung keinerlei Netzfaktoren (Netzlänge etc.). So führen bei gleichem absolutem Wasserverlust (in m3) hohe Netzeinspeisungen (z.B. in Städten mit hohen Netzabgaben je Netzlänge) zu niedrigen Prozentwerten, geringe Netzeinspeisungen (z.B. auf dem Land mit niedrigen Netzabgaben je Netzlänge) zu hohen Prozentwerten. Im Vergleich erscheint daher ein Versorgungsunternehmen mit hoher spezifischer Netzeinspeisung besser als eines mit niedrigerer spezifischer Netzeinspeisung. Demzufolge ist der reale Wasserverlust in Prozent der Netzeinspeisung für Vergleiche (Benchmarks) ungeeignet.
Auch anhand qVR und ILI können Versorgungsunternehmen mit unterschiedlichen Rohrnetzeinspeisungen nur bedingt verglichen werden. Vor diesem Hintergrund werden im neuen W 392 Äquivalenzwerte gebildet, die den qVR und ILI gewissermaßen auf eine einheitliche Rohrnetzeinspeisung (in diesem Fall 40 000 m³/a) normieren, um numerische Bewertungen und Vergleiche sowohl dieser beiden Verlustkennzahlen untereinander als auch zwischen verschiedenen Rohrnetzen/Versorgungsunternehmen angemessen zu ermöglichen.
Die neue W 392 folgt also bezüglich der Berechnung des ILI der internationalen Konvention, orientiert sich aber hinsichtlich der Bewertung an der alten W 392. Denn die Überarbeitung soll durchaus einen internationalen Vergleich von Wasserverlusten ermöglichen, jedoch nicht den hiesigen Standard preisgeben. Welche Schlüsse aus einer konkreten Bewertung hinsichtlich Verlustvermeidung bzw. Netzinstandhaltung zu ziehen sind, hängt allerdings von weiteren Randbedingungen ab: Wasserdargebot und -beschaffenheit, Betriebsmanagement, Netzfaktoren, Umgebungsbedingungen. Dieser Aspekt wird jedoch nicht in W 392 vertieft, sondern ist W 400-3 zugeordnet.
Der Begriff Wasserverlustmanagement wird weder in der alten, noch in der neuen W 392 verwendet. Er beinhaltet nämlich in der internationalen Diskussion zur Minimierung des Wasserverlusts u.a. die gezielte Drucksteuerung (mit Druckabsenkungen in Zeiten niedrigen Bedarfs bis hin zu temporären Lieferunterbrechungen) und widerspricht insofern dem Anspruch einer hochwertigen, möglichst störungsfreien Wasserversorgung. Dessen ungeachtet bietet die neue W 392 auch weiterhin eine Basis für die Festlegung von Maßnahmen im Hinblick auf eine langfristige Minimierung des Wasserverlusts.
Wie so oft, gilt hier ebenfalls: Die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit der verantwortlichen Personen ist ausschlaggebend für die Güte der Wasserbilanz und Kennzahlberechnung. Schließlich sind einige Wasserentnahmen und weitere Faktoren abzuschätzen, die grundsätzlich nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand direkt messbar sind. Die Abschätzung konkreter Werte bei Mess-, Ablese- und Abgrenzungsfehlern erfordert gleichfalls eine gründliche Plausibilitätskontrolle. Diese Fehler können im Einzelnen nur begrenzt minimiert werden, sollten sich aber über die Jahre ausgleichen.
Die Ausführungen zu den genannten Fehlern wurden revidiert und nach Möglichkeit präzisiert, so dass die Wasserbilanz eine solidere Grundlage erhält. Im gleichen Sinne wurden die Methoden zur Überwachung des Wasserdurchflusses und zur Leckortung dem Stand der Technik angepasst. Zu guter Letzt kann die neue W 392 analog auch auf nichtöffentliche Netze (Arealnetze) sowie Roh- und Brauchwassernetze angewendet werden.
Studie: Kabel-Pipeline-Transportsystem kann Energie effizienter nutzen
Eine am 11. September veröffentlichte Kurzstudie der Beratungsgesellschaft E-Bridge im Auftrag von AquaVentus Förderverein e.V. kommt zu dem Ergebnis, dass der Ertrag erneuerbarer Windenergie in weit entfernte Regionen durch eine „integrierte Vernetzung mittels einer Kombination aus Pipeline und Kabel“ erhöht werden kann. Gleichzeitig sei es möglich, die Erzeugungs- und Transportkosten für grünem Wasserstoff deutlich zu senken, was unter anderem eine Kostensenkung beim Ausbau der Transportinfrastruktur mit sich bringe.